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Schon 1775 hat ein Forscher versucht, mit Hilfe von elektrischem Strom Tiere zu betäuben und wieder zum Leben zu erwecken. 1947 wurde erstmalig ein Elektroschock eingesetzt, um gefährliche Herzrhythmusstörungen aus den Herzkammern („Ventrikuläre Rhythmusstörungen“, siehe Broschüre „Herzrhythmusstörungen“) erfolgreich zu behandeln.
1962 schließlich gelang es, einen Elektroschock erfolgreich dazu zu benutzen, um Vorhofflimmern wieder in normalen Sinusrhythmus zu überführen (siehe Broschüre “Vorhofflimmern”)
Man unterscheidet 2 Formen der Elektroschock-Behandlung
Hier wird „einfach“ ein Elektroschock abgegeben. Diese Form der Schock-Therapie wird nur angewandt, wenn das Herz elektrisch still steht, d.h. bei Kammerflimmern (siehe Broschüre über das EKG).
Wenn das Herz noch elektrisch aktiv ist, z.B. bei Vorhofflimmern, bei dem die Herzkammern noch arbeiten oder bei Kammertachykardien, bei dem die Herzkammern zwar auch schlecht, aber noch elektrisch regelmäßig arbeiten (siehe Broschüre „Herzrhythmusstörungen“) wäre es gefährlich, wenn man hier eine „einfache“ Defibrillation durchführen würde:
Der elektrische Impuls des Elektroschocks könnte zufällig in eine sehr empfindliche Phase des elektrischen Ablaufes einfallen und hierdurch Kammerflimmern auslösen.
Anders als beim Vorhofflimmern oder bei Kammertachykardien steht das Herz beim Kammerflimmern elektrisch still, d.h. der Kreislauf steht nun vollständig still und der Mensch stirbt. Daher wendet man bei der Kardioversion einen Elektroschock an, der mit der elektrischen Aktivität des Herzens synchronisiert wird. Dabei benutzt das Elektroschockgerät das EKG des betroffenen Menschen und richtet sich mit der Abgabe des Schocks nach der großen R- oder S-Zacke des QRS-Komplexes (siehe Broschüre „EKG“). Hierdurch wird vermieden, daß der Elektroschock in die oben erwähnte „empfindliche“ (= vulnerable) Phase“ der elektrischen Aktivität des Herzens fällt (Pfeile in der Abbildung), wodurch Kammerflimmern ausgelöst werden könnte.
Bei vielen Herzrhythmusstörungen arbeitet der natürliche Schrittmacher des Herzens, der Sinusknoten zwar, wird aber durch die krankhaften Rhythmusstörungen überrollt, sodaß er nicht wie normalerweise sein Kommando über das Herz entfalten kann. Dies kann man sich vorstellen wie eine chaotische Soldaten-Truppe: Der Unteroffizier gibt zwar die Anordnung, daß nun alle in geordneter Reihe losgehen sollen, aber keiner hört die „Bitte“, weil jedes Mitglied der Truppe laut herum schnattert und mit sich um seinem Nachbarn beschäftigt ist. Erst wenn der Chef laut sagt „Männer, Wochenend-Urlaub ist gestrichen“ sind alle derartig geschockt, daß alle kurz verstummen und eine Sekunde wohl tuenden Schweigens eintritt. Diese Schock-Sekunde ist nun entscheidend, denn alle hören nun sehr aufmerksam zu; derjenige, der jetzt als erster das Wort ergreift hat gewonnen: Sagt der Chef in die Stille hinein: „War nur ein Spaß und jetzt alle im Gleichschritt Marsch!“ wird die Truppe loslaufen. Sagt irgendein anderer: „Der spinnt wohl! Auf ihn und gebt´s ihm“ wird eine handfeste Meuterei die Folge sein.
Die Abgabe eines Elektroschocks funktioniert ebenso: Der Elektroschlag bedeutet für alle bis dahin anarchistisch und chaotisch vor sich hin arbeitenden Herzmuskelzellen einen Schock und sie verharren kurz in elektrischem Stillstand. In diese Stille fällt normalerweise die elektrische Aktivität des natürlichen Herzschrittmachers, des Sinusknotens als erstes ein und dieser kann nun wieder das Kommando über das Herz übernehmen.
Dieses Prinzip funktioniert in aller Regel gut, solange die dem Sinusknoten untergeordneten Muskelzellen träger sind als der Sinusknoten: Wie bei dem Unteroffizier ist der Sinusknoten normalerweise der erste, der etwas in der Schocksekunde unternimmt.
Sind die Männer seiner Truppe aber hektisch und aggressiv so werden sie den Schock des gestrichenen Wochenend-Urlaubs vielleicht gar nicht hören oder sie werden sofort und ohne auf den Unteroffizier etwas anderes sagen.
Herzmuskelzellen, die elektrisch sehr nervös sind (z.B. wenn sie durch bestimmte Medikamente angeregt wurden) werden vielleicht auch nicht auf einen Elektroschock reagieren und auch weiter im Chaos vor sich hin arbeiten. Daher ist eine Elektroschock-Behandlung in manchen Situationen unwirksam.
Das 2. Prinzip der Elektroschock-Behandlung ist die Art des Stromimpulses, den man benutzt:
Der Stromimpuls des Elektroschocks wird dazu benutzt, um alle Herzmuskelzellen gleichzeitig elektrisch zu „löschen“, um ihnen danach wieder die Gelegenheit zu geben, eigene elektrische Impulse in geregelter Art und Weise aufzubauen. Früher hat man für diesen Stromimpuls Gleichstrom benutzt, der kurz ein- und wieder ausgeschaltet wurde (Abb. links oben). Durch intensive Forschungen auf technischem Gebiet hat man aber erkannt, daß sogenannte biphasische Impulse wirksamer sind. Hier produziert das Elektroschock-Gerät einen Impuls, der zunächst positiv und dann negativ geladen ist (Abb. links unten).
Diese Art des Elektroschocks ist wirksamer und benötigt weniger Energie als die „alte“ Schockform, um die Herzmuskelzellen elektrisch zu „löschen“. Daher arbeiten heute alle Elektroschockgeräte nach dem biphasischen Prinzip. Die modernen Elektroschock-Geräte können sogar den elektrischen Widerstand messen, der benötigt wird, damit das Herz von einem ausreichend starken Stromimpuls durchströmt wird und passen ihre Schock-Energie diesen Widerstandverhältnissen automatisch an.
In Notfallsituationen, bei denen das Herz infolge von Kammerflimmern stehen bleibt ist eine Elektroschockbehandlung die einzige Behandlungsform, die den unmittelbar drohenden Tod verhindern kann. Dabei wird eine Defibrillation durchgeführt.
In allen anderen Fällen erfolgt die am EKG ausgerichtete Kardioversion (siehe oben). Dies ist z. B. notwendig, wenn wegen einer schnellen Kammertachykardie (= ventrikuläre Tachykardie) eine Instabilität des Kreislaufes mit Schwindel, Nahezu-Ohnmacht, Herzschwäche mit Wasseransammlungen in den Lungen (= Lungenödem) oder Brustschmerzen auftritt. Es hängt in diesen Fällen vom Zustand des Patienten ab, ob man zunächst einen Behandlungsversuch mit intravenös eingespritzten Herzrhythmusmedikamenten vornimmt oder ob sofort kardiovertiert werden muß. Auch hier dient die Elektroschockbehandlung dazu, einen unmittelbar bevorstehenden lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruch zu verhindern oder um eine Kreislaufschwäche mit schwerer allgemeine Durchblutungsstörung des Körpers zu beseitigen.
Bei Menschen mit Vorhofflimmern oder Vorhofflattern wird eine Kardioversion durchgeführt, um diese Rhythmusstörung zu beseitigen und dadurch das Wohlbefinden und die körperliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen zu steigern. Lesen Sie mehr hierzu in der Broschüre „Vorhofflimmern“. Um es vorweg zu sagen: An der eventuellen Notwendigkeit zur Marcumar®-Behandlung ändert sich auch bei erfolgreicher Kardioversion nichts!
Es gibt eigentlich kaum Verbote für eine Elektroschockbehandlung. Je gefährlicher die Herzrhythmusstörung ist, unter der ein Mensch gerade leidet desto wichtiger und ersatzloser ist die Elektroschockbehandlung.
Der Elektroschock wird über 2 Elektroden abgegeben, die an ein spezielles Gerät (Defibrillator oder Kardioverter) angeschlossen sind (linke Abbildung).
Weil der Stromimpuls des Elektroschocks zwischen diesen beiden Elektroden fließt muß sich das Herz in der Strom-„Strasse“ zwischen beiden Elektroden befinden. Dazu wird die eine der beiden Elektroden vorne auf die Brust und die 2. Elektrode auf die linke Seite des Brustkorbes oder auf den Rücken aufgesetzt (rechte Abbildung)
Weil bei einer Kardioversion EKG-Signale des Herzens zur Auslösung des elektrischen Impulses benötigt werden muß das EKG des Patienten in den Kardioverter eingeleitet werden. Bei einigen Geräten erfolgt diese Einleitung über die Schock-Elektroden, bei anderen Geräten müssen spezielle EKG-Elektroden auf den Körper aufgeklebt und deren Signale über Kabel zum Kardioverter geleitet werden.
Die Schock-Elektroden werden mit einer speziellen Creme bestrichen, die einen optimalen elektrischen Kontakt zwischen der Elektrode und der Haut bewirken. Auch unter optimalen Umständen und mit ausreichendem Kontaktgel erreichen nur etwa 10 – 30 % der abgegebenen Elektroschock-Energie das Herz.
Wenn eine Elektroschock-Behandlung in einer lebensgefährlichen Situation, z.B. bei Kammerflimmern durchgeführt werden muß ist der betroffene Mensch in aller Regel bereits ohnmächtig geworden, bevor der Elektroschock abgegeben wird. In allen anderen Fällen ist es notwendig, die Behandlung in einer kurzen Narkose über ca. 3 – 5 min durchzuführen. Dies ist notwendig, weil die Abgabe des Elektroschocks sehr schmerzhaft wäre.
Wenn man sich einer Kardioversion unterziehen muß wird man also zunächst eine Infusionsnadel in eine Armvene bekommen, über die Flüssigkeit in den Kreislauf läuft. Danach werden die oben beschriebenen EKG-Elektroden an beide Arme und Beine angeschlossen und das EKG aufgezeichnet und auf einen Monitor übertragen.
Danach wird ein Narkosearzt ein Narkosemedikament durch die Infusionsnadel einspritzen. Der Patient schläft nun sehr schnell und angenehm ein. Kurz nach dem Einschlafen wird eine Maske auf Nase und Mund gesetzt, über die der Atemluft Sauerstoff zugemengt wird. Eine künstliche Beatmung wie bei längeren Operationen ist in aller Regel nicht erforderlich.
Sofort nach Einsetzen wird der Arzt die Elektroschock-Elektroden feste auf die Brust aufdrücken und das Gerät auslösen. Wenn die Elektronik des Kardioverters das EKG des Patienten erkannt hat wird es den Zeitpunkt der Schockabgabe selber bestimmen. Daher vergeht bei einer Kardioversion zwischen dem Knopfdruck des Arztes und dem Elektroschock immer eine sehr kurze Weile.
Wenn der Elektroschock abgegeben wird bäumt sich der Patient kurz auf (die Darstellungen in den spannenden Fernsehsendungen sind sehr übertrieben und melodramatisch!). Dies ist der unangenehme und schmerzhafte Augenblick, dessentwegen der Patient die kurze Narkose bekommen hat.
Unmittelbar nach der Schockabgabe kann der Arzt auf dem EKG-Monitor erkennen, was passiert ist: War die Behandlung erfolgreich wird er noch einige Minuten abwarten, bis der Patient wieder aus seiner kurzen Narkose erwacht ist. War die Behandlung nicht erfolgreich wird er den Elektroschock u. U. sofort wiederholen oder vielleicht zur Unterstützung des 2. Schocks Medikamente durch die Infusionsnadel einspritzen. Auf keinen Fall wird der Patient zwischenzeitlich aufwachen. Die Narkose wird solange verlängert, bis der letzte Elektroschock abgegeben wurde.
Wenn der Patient wieder aus der kurzen Narkose aufgewacht ist wird es ihm sofort wieder gut gehen. Die modernen Kurz-Narkosemedikamente verursachen keine stundenlangen Nachwehen mehr wie dies früher bei Äthernarkosen oder „antiken“ anderen Narkosemitteln üblich war. Man verbringt die nächsten Stunden nach der Kardioversion meistens auf einer Intensiv- oder Überwachungsstation. Dies ist nicht deshalb erforderlich, weil nach dem Ende der Narkose schwere Komplikationen drohen würden, sondern weil man auf diesen Stationen die Möglichkeit hat, den Herzrhythmus über Monitoren durchgehend und ohne Pause zu überwachen.
Dies ist notwendig, weil es in einigen Fällen auch nach zunächst erfolgreichem Elektroschock zu einem Rückfall der Herzrhythmusstörungen kommen kann. Was in diesen Fällen zu unternehmen ist kann man nicht pauschal beschreiben: In einigen wenigen Fällen wird man die Elektroschock-Behandlung wiederholen, in den meisten Fällen wird man sich aber mit der zugrunde liegenden Herzrhythmusstörung arrangieren müssen und sie nun medikamentös behandeln.
Für technisch Interessierte: ...
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