Röntgen­untersuchung des Herzens

Die Informationen auf dieser Seite sind auch in einem eBook der Patienten-Akademie enthalten, in dem auch über das Kardio-CT berichtet wird.

Sie bekommen die Version dieses eBooks (Band 8 der eBook-Reihe) für die Ansicht auf einem


Vorbemerkung

Obwohl man das Herz heute durch eine Echokardiographie mit großer Qualität bildlich darstellen und untersuchen kann ist die Röntgenuntersuchung des Herzens weiterhin eine wichtige Untersuchung. Man sieht hierbei die äußere Form des Herzens und kann aus dieser äußeren Form auf bestimmte Herzkrankheiten rückschließen. Gerade bei angeborenen Herzfehlern und bei Herzklappenfehlern ist die Röntgenuntersuchung wichtig, um die Schwere der Herzkrankheit zu beurteilen.

Da man bei dieser Untersuchung nicht nur das Herz, sondern auch die Lungen sieht, kann man nach Lungenerkrankungen, Wasseransammlungen oder Blutstauungen suchen, was besonders wichtig ist, wenn jemand über Luftnot klagt.

Ein weiterer Nebenaspekt einer Röntgenuntersuchung ist besonders bei Rauchern wichtig:

Rauchen schädigt die Herzkranzarterien, kann aber auch Lungenkrebs verursachen. Man kann die Röntgenuntersuchung also nicht nur zur Suche nach Herzkrankheiten, sondern auch als „Vorsorgeuntersuchung“ für Lungentumoren benutzen.

Prinzip

Wie der Name schon sagt werden bei dieser Untersuchung Röntgenstrahlen eingesetzt. Diese Strahlen durchdringen den Körper, werden hier durch die verschiedenen Organe und Gewebe abgeschwächt und schließlich auf der anderer Seite des Körpers wieder aufgefangen und in ein Bild verwandelt.

Um ein Röntgenbild zu bekommen benötigt man daher eine Röntgenröhre und einen Detektor, der die abgeschwächten Strahlen auffängt und in ein Bild verwandelt.

Röntgenröhre

Eine Röntgenröhre besteht, vereinfacht gesagt, aus 3 Bestandteilen (Abb. 1):

Abb. 1

In der Kathode befindet sich eine Glühwendel, d.h. eine kleine Spirale aus einem dünnen Draht.

Wenn durch diesen Draht Strom fließt erhitzt er sich (ebenso wie bei einer alten Glühlampe) und setzt dadurch Elektronen frei. Elektronen sind dabei negativ geladene Elementarteilchen aus der Hülle von Atomen.

Abb. 2

Diese negativ geladenen Elektronen werden durch Anlegen einer Hochspannung zwischen 30 und 150 kiloVolt zwischen Kathode und der Anode von der positiv geladenen Anode angezogen und in ihre Richtung beschleunigt. Sie prallen auf die Anode auf und werden von ihrem Material absorbiert. Dadurch geben sie ihre Energie in Form von Strahlung ab (Abb. 2).

Da die Anode einer hohen Wärmebelastung ausgesetzt ist ist sie tellerförmig aufgebaut und rotiert mit hoher Drehgeschwindigkeit, um die Hitze auf der Oberfläche zu verteilen; angetrieben wird die Drehanode durch einen Elektromotor.

Um den Fluß der Elektronen von der Kathode zur Anode nicht zu behindern ist das Inneren der Röntgenröhre luftleer, d.h. es herrscht ein Vakuum, das Röhrengehäuse selbst ist (außer am sog. Strahlenausgangsfenster) mit Blei ummantelt, um den unkontrollierten Austritt von Strahlung zu verhindern.

Bei einer Röntgenuntersuchung eines Körpers verläßt die Strahlung die Röhre am Strahlenausgangsfenster und dringt in der vor der Röntgenröhre liegenden Körper ein. Sie durchdringt den Körper, verläßt ihn auf der entgegen gesetzten Seite wieder und wird dann von einem Strahlendetektor aufgenommen.

Detektor

In Laufe der technischen Entwicklung haben die „Strahlenauffang-Systeme“ eine erhebliche Änderung erfahren:

Waren es bis vor einigen Jahren noch ganz überwiegend strahlungsempfindliche Photoplatten, mit deren Hilfe Röntgenstrahlung sichtbar gemacht wurden so sind es heute sog. Flachbild-Detektoren. Hier unterscheidet man 2 verschiedene Arten:

Die indirekten und die direkten Sensoren.

Indirekte Sensoren (= Lichtsensoren) Ihre Kernelemente sind Photodioden. Sie bestehen aus Silizium und arbeiten mit dem „Photoeffekt“, d.h. sie setzen Elektronen frei, wenn Licht auf sie fällt.

Die Menge der freigesetzten Elektronen (d.i. der elektrischen Ladung) ist abhängig von der Intensität des auffallenden Lichts ist. Für die Umwandlung der Röntgenstrahlung in sichtbares Licht benutzt man sog. Szintillatoren.

Abb. 3

Es handelt sich dabei um nadelförmige Kristalle (Abb. 3) z.B. aus Cäsium-Jodid, die direkt über den Photodioden angebracht sind.

In diesen Szintillatoren entstehen, wenn sie von Röntgenstrahlung getroffen werden Lichtblitze, die um so intensiver sind desto energiereicher die auftreffende Röntgenstrahlung ist. Diese Lichtblitze werden dann von den Photodioden detektiert.

Szintillatoren liefern scharfe Bilder bei gleichzeitig hoher Effizient der darunter liegenden Photodiode.

Direkte Sensoren (= Röntgensensoren) Bei den direkten Sensoren benutzt man hingegen Bildelemente („Photoleiter“), die direkt auf Röntgenstrahlen empfindlich sind und beim Auftreffen von Röntgenstrahlen eine elektrische Ladung erzeugen.

Sie benötigen also keinen Szintillator mehr. Bildverfälschungen wie Verzerrungen und Unschärfe können bei dieser direkten Abbildung praktisch vermieden werden.

In der Medizin werden solche Bildelemente aus technischen und qualitativen Gründen bislang (2020) noch nicht routinemäßig, aber zunehmend häufig benutzt. Gleichgültig, ob man direkte oder indirekte Sensoren benutzt:

Der Empfänger der Röntgenstrahlen besteht stets aus zahlreichen solcher Sensoren, die in Zeilen und Spalten angeordnet sind (Abb. 4).

Abb. 4

Dieses gesamte Arrangement bezeichnet man als „Matrix“ oder „Array“ (früher: Röntgenplatte).

Ein Flachbilddetektor besteht somit aus zahlreichen indirekten oder direkten Bildelementen, die aus einer Photodiode bzw. einem Photoleiter und der dazu gehörenden Elektronik bestehen.

Photodiode bzw. Photoleiter detektieren Licht bzw. Röntgenstrahlen, weshalb man sie als Licht- bzw. Röntgensensoren bezeichnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man den Begriff „Sensor“ aber auch für ein einzelnes Bildelement. Ganz allgemein gilt:

Sensor = Licht- bzw. Röntgensensor + Elektronik.

Wird ein solches Array mit Röntgenstrahlen „belichtet“ dann werden in jedem seiner Elemente (direkte oder indirekte Sensoren) Elektronen frei, wodurch eine elektrische Ladung entsteht, die proportional zur Intensität des aufgefangenen Lichtes ist. Diese Ladungen werden dann in der Folge durch elektronische Schaltkreise, die in die Arrays eingebaut sind, in elektrische Spannung umgewandelt, verstärkt und digitalisiert.

Nach der Belichtung wird das gesamte Array abgeblendet, damit keine zusätzliche und zu Bildfehlern führende zusätzliche Belichtung erfolgen kann.

Gleichzeit werden die Informationen der einzelnen Bildelemente in Zwischenspeicher verschoben, ausgelesen und an einen zentralen Computer weitergeleitet (Film 1).

Film 1

Detektormatrix = Array der Röntgen-„Platte CPU = elektronische Steuereinheit des Array

Bildschirmmatrix = Array des Bildschirm oder des Speichercomputers

Hier im zentralen Computer werden die Informationen der einzelnen Bildelemente zentral gespeichert, sodaß jeder, der an diesen Computer angeschlossen ist die Bilder auf seinen PC abrufen und auf seinem Bildschirm ansehen kann. Man kann die Bilder von hier aus aber auch Speichermedien, z.B. auf eine CD übertragen, die dem Patienten mitgegeben werden kann.

ch habe die Beschreibung des technischen Aspektes einer Röntgenanlage und ihrer Komponenten hier bewußt nur sehr verkürzt und vereinfacht dargestellt. Wenn Sie sich für Details und genauere Überlegungen interessieren könnten ich Ihnen das eBook über eine Herzkatheteranlage empfehlen, in dem dies alles und die Grundlagen der Röntgentechnik sehr detailliert beschrieben wird.

Sie wissen nun, wie Röntgenstrahlen entstehen und wie sie wieder aufgefangen und in ein Bild umgewandelt werden. Jetzt müssen Sie nur noch wissen, was mit den Röntgenstrahlen passiert, werden sie durch den Körper gehen:

Sie werden hier im Körper abgeschwächt, indem sie von den verschiedenen Geweben und Organen unterschiedlich stark absorbiert werden.

Strahlungsabsorption

Abb. 5

Wenn Röntgenstrahlen auf Materie treffen (z.B. einen menschlichen Körper) werden sie durch diese Materie absorbiert, d.h. abgeschwächt. Es gibt verschiedene Gründe für die Absorption von Röntgenstrahlung im biologischen Gewebe, auf die ich an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen möchte.

Wenn ein Patient mit Röntgenstrahlen durchstrahlt wird dann werden sie durch die verschiedenen Gewebe, die der Strahl durchdringt, unterschiedlich stark absorbiert (Abb. 5):

Sie sehen hier unterschiedliche Absorptionen verschiedener Gewebe, die deren Wiedergabe mittels Röntgen. Röntgenstrahlen werden durch die Pfeile repräsentiert.

Links in Abb. 5: Die Röntgenstrahlen treffen auf ein Objekt, das die Strahlung passieren läßt ohne sie in irgendeiner Weise abzuschwächen oder zu absorbieren. Das Objekt wird dadurch nicht abgebildet.

Das mittlere Objekt ist teilweise strahlendurchlässig. Die Röntgenstrahlung wird daher teilweise absorbiert und zwar besonders intensiv in den dicken Teilen des Objektes. Das Objekt kann daher mittels Röntgenstrahlung abgebildet werden.

Das rechte Objekt ist vollkommen undurchlässig für Röntgenstrahlen. Die Strahlung wird daher vollständig absorbiert, nichts tritt auf der anderen Seite wieder aus. Man erkennt im Röntgen die Silhouette des Objektes, aber keine weiteren Einzelheiten.

Wie Sie Abb. 5 entnehmen können darf die Röntgenstrahlung nicht vollständig vom Gewebe absorbiert werden, denn sonst würde kein Röntgenbild entstehen (siehe Abb. 5 rechtes Beispiel). Es muß vielmehr genügend Röntgenstrahlung „übrig bleiben“, die den Körper wieder verlassen kann, um auf einen Detektor aufzutreffen, der Rest wird vom Gewebe „verschluckt“.

Der Kontrast eines Röntgenbildes entsteht durch die unterschiedliche starke Absorption der Röntgenstrahlen. Eine Körperstruktur wird dann abgebildet, wenn sie mehr Röntgenstrahlung absorbiert als das umgebende Gewebe. Beispiele:

Durchführung

Eine Röntgenuntersuchung der Brust mit Herz und Lungen wird jedermann kennen:

Man wird in einen halb dunklen Raum geführt, macht den Oberkörper frei, bekommt eine Bleischürze mit einer großen Klammer um die Hüfte gehängt, dann mit dem Bauch oder seitlich vor einem Kasten gestellt, der an der Wand angeschraubt ist, und muß auf das Kommando einer MTA tief einatmen und die Luft einen Moment anhalten. In dem Moment des Luftanhaltens hört man ein kurzes Klacken aus dem Kasten, vor dem man steht und fertig ist das Röntgenbild.

In einigen Fällen bekommt man auch einen Plastikbecher mit einer weißen Flüssigkeit (Kontrastmittelbrei). Einen Schluck dieses Breis muß man dann zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Mund nehmen und auf Kommando herunterschlucken.

Dieser Brei färbt die Speiseröhre an, die direkt hinter dem Herzen verläuft. Durch bestimmte Herzfehler wird die Speiseröhre an charakteristischen Stellen „eingedellt“ oder verformt.

Was merkt man?

Jedes Mal ärgert man sich als Patient darüber, wie unangenehm es ist, mit der nackten Brust vor den eiskalten Kasten an der Wand gestellt zu werden und über das Kneifen des Klammer der Bleischürze um die Hüfte.

Ansonsten ist die Untersuchung aber absolut schmerzfrei.

Was kann passieren (Komplikationen)?

Komplikationen im strengen Sinne gibt es nicht.

Dennoch birgt jede Röntgenuntersuchung letztendlich ein unkalkulierbares Risiko wegen der Belastung des Körpers mit Röntgenstrahlen. Aus diesem Grund darf man schwangere Mütter auch nicht röntgen, weil dann das Risiko von Mißbildungen für das ungeborene Kind besteht.

Und auch für allem Nicht-Schwangeren besteht ein gewisses Risiko für Strahlenschäden. Aus diesem Grunde dürfen Röntgenuntersuchungen nur dann durchgeführt werden, wenn sie absolut notwendig sind, das heißt nur dann, wenn das Unterlassen einer Röntgenuntersuchung ein höheres Risiko beinhaltet als die Untersuchung selbst.

Röntgenuntersuchungen der Lungen und des Herzens verursachen letztlich aber nur eine geringe Strahlenbelastung, wie Ihnen die folgenden Beispiele zeigen (Tabelle 1):

Kosmische Strahlung 0.3 mSv
10-stündige Flugreise 0.1 mSv
Kosmische Strahlung in 2.000 m über Meereshöhe 0.6 mSv
Röntgenuntersuchung von Herz und Lungen 0.3 mSv

Kosmische Strahlung 0.3 mSv 10-stündige Flugreise 0.1 mSv Kosmische Strahlung in 2.000 m über Meereshöhe 0.6 mSv Röntgenuntersuchung von Herz und Lungen 0.3 mSv

Die Belastung des Körpers mit Röntgenstrahlen ist bei den modernen Röntgengeräten bei einer Untersuchung des Brustkorbs nur sehr gering, sodaß man keine übertriebene Sorge vor den schädigenden Wirkungen der Strahlen haben muß.

Ergebnisse

Abb. 8

Sie sehen in Abb. 8 das Röntgenbild eines gesunden Menschen. Links sehen Sie die Aufnahme von vorne, rechts von der Seite, nachdem der Patient Brei geschluckt hat. Durch die Form der mit Brei gefüllten Speiseröhre kann der Arzt auf das Aussehen der Hinterwand des Herzens schließen.

Abb. 9

In Abb. 9 sieht man ein vergrößertes Herz mit einer deutlich vermehrten Zeichnung der Lungen und eine deutliche Vergrößerung einer Verschattung vor allem rechts des Herzens. Dies sind die Zeichen einer Herzschwäche mit Blutüberfüllung und Stauung der Lungen.

Mitralinsuffizient
Abb. 10

In Abb. 10 sieht man das frontales und seitliche Bild eines Menschen mit einem Fehler der Mitralklappe. Die linke Vorkammer, in der sich das Blut wegen der verengten Eingangsklappe in die linke Herzkammer angestaut hat ist stark vergrößert.

Vorhofseptumdefekt
Abb. 11

Und in Abb. 11 sehen Sie das Röntgenbild eines Menschen, der einen angeborenen Herzfehler mit einem Loch in der Trennwand zwischen rechter und linker Vorkammer hat (Vorhofseptumdefekt). Durch dieses Loch fließt vermehrt Blut aus dem linken in den rechten Vorhof, sodaß es zu einer „Überflutung“ der Lungengefäße kommt.

Das Röntgenbild des menschlichen Herzens sagt einem Arzt, der die Interpretation dieser Bilder gelernt hat sehr viel. Und daß, obwohl es eine eigentlich uralte Technik ist!