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Daß Patienten mit symptomatischer Aortenklappenstenose sowohl hinsichtlich einer Verbesserung ihrer ansonsten eingeschränkten Prognose als auch symptomatisch von einem prothetischen Ersatz der Klappe profitieren dürfte als erwiesen ansehen. Im Gegensatz dazu haben Patienten mit asymptomatischer Stenose eine gute Prognose, auch wenn das Vitium bedeutend ist. Solange keine Symptome auftreten wird in diesen Fällen daher keine Operation empfohlen, weil die Risiken eines prothetischen Klappenersatzes ihren Nutzen nicht übersteigen und weil der plötzliche Herztod bei wirklich asymptomatischen Patienten nur sehr selten auftritt (0.1% pro Jahr).
Das Entscheidende bei der Indikationsstellung zum Klappenersatz ist also die Symptomatik. Mit anderen Worten: Zu demjenigen Zeitpunkt, zu dem die Patienten Beschwerden verspüren müssen sie operativ oder mittels TAVI behandelt werden.
Nun stellen sich diese Patienten allerdings nach dem Beginn der Beschwerden oft nicht unverzüglich beim Arzt vor. Und weil bekannt ist, daß die Mortalität schon bereits wenige Monate nach Beginn der Symptomatik bedeutsam ansteigt bedeutet dies, daß sich Patienten, die sich nicht zügig melden in Gefahr befinden. Man weiß beispielsweise aus früheren Zeiten, in denen die Patienten noch u.U. Monate auf eine Operation warten mußten, daß die Mortalität während dieser Wartezeit auf bis zu 7% anstieg. Und schließlich weiß man auch, daß die Sterblichkeit bei klappenersetzenden Behandlungen, sei es bei einer Operation oder bei einer TAVI bei symptomatischen Patienten höher ist als bei beschwerdefreien.
Daher wäre es optimal, wenn man die asymptomatischen Patienten erst unmittelbar vor Beginn ihrer Symptomatik behandeln würde.
In dem Bemühen, eben diesen Zeitpunkt zu prognostizieren kann man Belastungsuntersuchungen durchführen. Die dahinter stehende Überlegung ist, daß bei einem pathologischen Belastungstest eine akzeptable Indikation zum Klappenersatz besteht. Dies wirft 2 Fragen auf:
Man kann solche Test entweder mit pharmakologischer oder mit körperlicher Belastung durchführen. Eine körperliche Belastung wird als die physiologische Belastungsform angesehen und stellt daher die optimale Untersuchungsmethode dar. Sie ist sicher durchführbar, solange man ihre Kontraindikation für die hier besprochene Fragestellung beachtet:
Typischerweise wird die Belastung auf dem Fahrradergometer durchgeführt, bis die Herzfrequenz auf 80 - 85% der altersentsprechend korrigierten maximalen Herzfrequenz (220 - Lebensalter) angestiegen ist.
Es sind verschiedene Untersuchungen an Patienten durchgeführt worden, die Klappenöffnungsflächen von 1.0 cm2 und z.T. weniger hatten. Diese Patienten sind nachfolgend über mehrere Monate nachbeobachtet worden.
Als pathologisch wurde das Untersuchungsergebnis angesehen, wenn
Dieser Studien haben gezeigt, daß bei der überwältigenden Mehrheit aller Patienten, die mit unauffälligem Ergebnis ergometriert worden waren über viele Monate nach der Untersuchung weder Beschwerden noch gravierende Ereignisse (z.B. plötzlicher Herztod) auftraten.
Man kann dies dahingehend interpretieren, daß es gerechtfertigt ist, Patienten mit unauffälligem Belastungstest wegen ihrer guten Prognose nicht zu operieren.
Was aber ist mit denjenigen Patienten, die beim Belastungstest zwar keine Beschwerden verspürten, bei denen es aber zu einem ungenügenden Anstieg des Blutdrucks oder zu ST-Senkungen kam?
Auch zu dieser Fragestellung sind verschiedene Studien durchgeführt worden. Diese Untersuchungen legen nahe, daß ein unzureichender Anstieg des Blutdruckes und das Auftreten der ST-Senkungen nicht spezifische Befunde sind, die keine Vorhersage auf das zukünftige Auftreten spontaner Beschwerden und damit auf die Indikation zum prothetischen Klappenersatz zulassen.
Man muß diese Aussage allerdings relativieren und dabei 3 spezielle Parameter der zu untersuchenden Patienten berücksichtigen:
Die Art der unter Belastung auftretenden Beschwerden spielt eine gewisse Rolle, denn 83% der Patienten mit Schwindel während der Belastung entwickeln im Verlauf spontane Beschwerden, während dies bei nur 50% aller Patienten mit Brustenge und 54% der Patienten mit Dyspnoe betraf. Das Auftreten von belastungsinduziertem Schwindel ist also ein bedeutsamer Hinweis.
Daß Belastungsdyspnoe kein Zeichen für die zukünftige Entwicklung spontaner Beschwerden ist liegt wahrscheinlich daran, daß Luftnot unter Belastung bei Patienten mit nur geringem körperlichen Trainingszustand und vor allem bei den <70-Jährigen schwer zu interpretieren ist, denn es ist nicht klar, ob die Dyspnoe Ausdruck der hämodynamischen Relevanz der Aortenklappenstenose oder des geringen körperlichen Trainingszustandes ist.
Daher scheint das belastungsinduzierte Auftreten von Dyspnoe, Brustenge und Schwindel bei Patienten <70 Jahren und körperlich aktiven Patienten zur Indikationsstellung eines prothetischen Klappenersatzes gut geeignet zu sein.
Auf der anderen Seite hat das Auftreten von Belastungsdyspnoe bei Patienten von >70 Jahren und die nicht körperlich aktiv sind eine nur geringe Aussagekraft im Hinblick auf die Entwicklung spontaner Beschwerden. Daher ist eine Belastungsuntersuchung bei diesen Patienten wenig hilfreich.
Eine Belastungsuntersuchung sollte daher bevorzugt bei körperlich aktiven Patienten <70 Jahren empfohlen werden.
Wenn also ein Belastungstest bei der Mehrzahl aller Patienten >70 Jahre mit asymptomatischer Aortenklappenstenose nicht geeignet ist, um bei der Indikationsstellung zum Klappenersatz zu helfen muß man Alternativen anwenden.
Auch kann möglicherweise der Verlauf des BNP bei der Indikationsstellung zur OP helfen:
Bei Werten von <130 pg/ml für BNP und <80 pmol/l für NT proBNP ist ein Klappenersatz noch nicht notwendig (symptomfreies Überleben innerhalb von 9 Monaten: 90%); bei höheren Werten sollte der Klappenersatz jedoch empfohlen werden, denn von diesen Patienten überleben in dem genannten Zeitraum nur 50% symptomfrei.
Wie sollte man also bei symptomfreien Patienten vorgehen (siehe Abb. 1):