Die Informationen auf dieser Seite finden Sie zusammen mit anderen Informationen über die verschiedenen Herzkatheteruntersuchungen auch in Band 11 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.
Sie bekommen die Version dieses eBooks (Band 11 der eBook-Reihe) in verschiedenen Formaten:
Für genauere Informationen über die einzelnen Katheteruntersuchungen klicken Sie in der nachfolgenden Liste:
Auf dieser Seite wird oft auf allgemeine Informationen (z.B. über Druckmessung, Kontrastmitteleinspritzung oder intravaskulären Ultraschall (IVUS)) zurückgegriffen, die im Kapitel über "Herzkatheter" beschrieben werden.
Für diejenigen, bei denen selber eine Herzkatheteruntersuchung vorgesehen ist, gibt es eine kurze Broschüre zum Ausdrucken, wenn Sie hier klicken.
Streng genommen handelt es sich ausschließlich um die Darstellung der Koronararterien. In der Praxis wird eine Coronarographie aber fast immer mit einer Linksherzkatheteruntersuchung kombiniert, sodaß auch die Kontrastmitteldarstellung der linken Hauptkammer und die Druckmessung in Ventrikel und Aorta erfolgen.
Die Herzkranzarterien (Koronar- oder Coronararterien) (siehe Band 3 dieser eBook-Reihe über die "Anatomie des Herzens") sind dünne Gefäße, die unmittelbar hinter der Aortenklappe entspringen und von hier aus über die Oberfläche des Herzens verlaufen und jede einzelne Herzmuskelzelle mit Blut und Sauerstoff versorgen.
Sie sind so dünn und zart, daß man sie mit Hilfe der Echokardiographie oder in einem „normalen“ Röntgenbild nicht sehen kann. Daher ist die Kontrastmittel-Einspritzung in diese Gefäße (= Coronarographie) die beste und in vielen Fällen einzige Möglichkeit, um diese Gefäße sichtbar zu machen und um ihre Erkrankung (Verengung oder Verschluß) zu erkennen.
Abb. 1 |
Insgesamt gibt es 3 Herzkranzarterien, deren prinzipiellen Verlauf Sie in Abb. 1 sehen. Für die Untersuchung benutzt man dieselben Zugangswege zum arteriellen Gefäßsystem wie bei der Linksherzkatheteruntersuchung:
Die Leisten-, die Ellenbeugen- oder die Handgelenksarterie. Von hier aus schiebt man den oder die Katheter entgegen des Blutstroms bis in die Aorta oberhalb der Aortenklappe.
Die Spitze des Katheters führt man dann nacheinander in den Ursprung der beiden Herzkranzarterien ein.
Abb. 2 |
Darstellung der linken Herzkranzarterie mit ihren zahlreichen Ästen |
Wenn man nun über diesen Katheter Kontrastmittel einspritzt wird dieses mit dem Blutstrom mitgerissen und färbt dadurch das Gefäß an. Diese Anfärbung kann man mit Röntgenstrahlen sehen, was man mit kurzen Filmen aufzeichnet (Abb. 2).
Bei solchen Gefäßdarstellungen werden keine feststehenden Bilder, sondern kurze Filme gedreht.
Der Grund dafür ist, daß die Herzkranzarterien über der Oberfläche des Herzens verlaufen und sich daher mit jedem Herzschlag intensiv bewegen. Würde man nur ein einziges, zufälliges Bild aus dem Bewegungsablauf der Gefäße anfertigen würde man eine evtl. Gefäßverengung u.U. garnicht sehen, denn sie würde sich hinter anderen Gefäßen verstecken oder in einem Gefäßknick verschwinden. Daher filmt man den Einstrom und den Abfluß des Kontrastmittels, um jeden Abschnitt des Gefäßes zu einem anderen Zeitpunkt der Bewegung sehen und beurteilen zu können.
Darüber hinaus kann es beim Verschluß eine Gefäßes geschehen, daß man den Ort des Verschlusses nicht sofort erkennt, weil es sich z.B. hinter einem anderen Gefäß verbirgt. Spritzt man Kontrastmittel in das Gefäß ein sieht man oft erst nach einer ganzen Weile, wie es sich auf Um- und Nebenwegen in den Gefäßabschnitt jenseits des Verschlusses „quält“. Eine solche „verspätete Anfärbung“ würde dem Arzt entgehen, wenn er nur ein einziges stillstehendes Bild des Gefäßes machen würde (Film 1).
Film 1 |
Darstellung der linken Herzkranzarterie 2 Nebenäste sind verschlossen (rote Markierungen), was man aber erst im späteren Verlauf des Filmes sehen kann. Ohne das Filmen hätte man dieses Phänomen und die Gefäßverschlüsse nicht sehen können. |
Zu Beginn der Untersuchung steht auch hier ein Zugang zu einer Schlagader.
Ebenso wie bei der Linksherzkatheteruntersuchung benutzt man die Leistenarterie, in die man eine Schleuse einführt (JUDKINS-Untersuchung), die chirurgisch freigelegte Ellenbeugenarterie (SONES-Untersuchung) oder die Radialis-Arterie am rechten Handgelenk (ebenfalls mit Einführung einer Schleuse). Einzelheiten hatte ich schon beim Linksherzkatheter beschrieben.
Von der Zugangsarterie aus schiebt man den Katheter gegen den Blutstrom bis in die Aorta knapp oberhalb der Aortenklappe vor. Dieses Vorschieben erfolgt auch bei der Coronarographie unter der Sicht eines Röntgengerätes und ebenso wie bei der Linksherzkatheteruntersuchung benutzt man einen Führungsdraht, um den Katheter an allen Abzweigungen vorbei bis in die Aorta unmittelbar oberhalb der Aortenklappe vorzuschieben.
Von hier aus wird die Katheterspitze in den Abgang zunächst 1 der beiden Herzkranzgefäße eingeführt.
Um diesen Abgang zu erreichen müssen die Katheter eine bestimmte Form haben, je nachdem, ob zuerst die rechte oder linke Kranzarterie erreicht werden soll.
Die Hersteller der Katheter haben daher eine Vielzahl verschiedener Katheterformen entwickelt, die sich in der Gestaltung ihrer Spitze unterscheiden (Abb. 3: Beispiele verschiedener Herzkatheter, in Wahrheit gibt es sehr viele mehr).
Die Hersteller der Katheter haben daher eine Vielzahl verschiedener Katheterformen entwickelt, die sich in der Gestaltung ihrer Spitze unterscheiden (Abb. 3).
Film 2 |
Kathetereinführung in linke Herzkranzarterie |
Film 3 |
Kathetereinführung in rechte Herzkranzarterie |
Diese speziellen Formen erlauben es dem Arzt, die Coronararterie durch Vorschieben, Zurückziehen und Drehen des Katheters zu erreichen (Film 3 und 4).
Welchen Katheter der Arzt verwendet hängt von den Gegebenheiten des Gefäßabgangs und der Anatomie der Aorta ab, der Arzt lernt es im Verlauf seiner Ausbildung, den richtigen Katheter auszuwählen.
Wenn der Katheter das Gefäß erreicht hat spritzt der Arzt eine kleine Menge Kontrastmittel (5 - 10 ml) manuell mit einer Spritze ein und beobachtet den Einstrom des Kontrastmittels und seinen Durchfluß durch das Gefäß. Dies wird gefilmt, sodaß man sich das Gefäß nach der Untersuchung genau (auch in Zeitlupe) ansehen kann. Dabei entstehen Filme wie derjenige in Film 4.
Film 4 |
Um das Gefäß von allen Seiten und aus allen Richtungen zu sehen wird das Kontrastmittel mehrfach und wiederholt eingespritzt, wobei das Kathetergerät in verschiedene Position nach rechts, links, nach oben oder nach unten gekippt und gedreht wird.
Wenn die Darstellung einer Arterie abgeschlossen ist wird der Katheter wieder aus dem Körper herausgezogen und der 2. Katheter eingeführt, der bis zum Erreichen der Aortenwurzel ebenfalls mit einem Führungsdraht versteift wird.
Durch Vorschieben, Zurückziehen und Drehen wird die Katheterspitze nun auch in die 2. Arterie eingeführt, die durch wiederholte Kontrastmitteleinspritzungen dargestellt wird. Auch hierfür wird das Kathetergerät in verschiedene Positionen bewegt.
Wenn beide Herzkranzarterien gefilmt worden sind muß der Arzt entscheiden, ob er im Anschluß daran auch noch den linken Ventrikel darstellt. Über deren Durchführung hatte ich schon im Abschnitt über die Linksherzkatheteruntersuchung mit dem Lävokardiogramm berichtet. Ob man bei jeder Coronarographie ein Lävokardiogramm anfertigt wird heute sehr unterschiedlich beurteilt.
Es gibt Katheterabteilungen, in denen der linke Ventrikel immer mit untersucht wird, in anderen erfolgt das Lävokardiogramm nur in einzelnen Fällen und in wiederum anderen Abteilungen sagt man sich, daß man den Zustand des Ventrikels schon aus der Echokardiographie kennt, sodaß eine Lävokardiographie nicht mehr nötig sei.
Ich halte dies für keine gute Lösung, denn oft sind Ultraschalluntersuchung der linken Ventrikel qualitativ nicht so gut, als daß man jeden Wandabschnitt des Ventrikels im Hinblick auf seine Beweglichkeit gut und zweifelsfrei sehen kann. Auf jeden Fall gehört zu einer ordentlichen Coronarographie auch die, mit welcher Methode auch immer gewonnene, Kenntnis über den Ventrikel, seine Größe und seine Wandbewegungen. Es spielt nämlich für die Entscheidung, ob und wenn, welche Behandlung bei einer Koronarerkrankung notwendig ist, eine große Rolle, ob sich alle Wände des Ventrikels normal bewegen, ob schon Bewegungsstörungen bestehen oder ob Wände vielleicht schon nach einem Herzinfarkt vernarbt sind.
Im Anschluß an die Darstellung der Herzkranzarterien und evtl. des linken Ventrikels werden der Katheter und evtl. die Schleuse aus dem Gefäß herausgezogen und die Öffnung der Leisten-, Ellenbeugen- oder Radialisarterie wieder verschlossen; im Abschnitt über die Linksherzkatheteruntersuchung hatte ich schon hierüber berichtet.
Hierüber habe ich schon im Abschnitt über die Linksherzkatheteruntersuchung berichtet.
Zusätzlich zu den dort aufgeführten Empfindungen kann es bei einer Coronarographie zu Herzschmerzen (Angina pectoris) kommen.
Diese Beschwerden können zum einen dadurch entstehen, daß es durch den Katheter zu einer Verletzung des Abganges der rechten oder linken Koronararterie kommt.
Häufiger treten Schmerzen aber beim Vorliegen hochgradiger Verengungen der Kranzarterien auf:
Durch eine solche hochgradige Verengung ist der Blutfluß zum Herzmuskel ohnehin schon vermindert. Wenn nun das sauerstofffreie Kontrastmittel eingespritzt wird führt dies zu einem Sauerstoffmangel des Herzmuskels, der sich mit Angina pectoris-Beschwerden bemerkbar machen kann.
Auch diesbezüglich verweise ich auf den Abschnitt über die Linksherzkatheteruntersuchung.
Die größte Gefahr bei Coronarographien besteht in der Verletzung des Abgangs einer Herzkranzarterie. Meistens entstehen solche Verletzungen dadurch, daß sich im Rahmen einer Koronargefäß-Erkrankung eine (vielleicht nur sehr kleine) Menge von Fettgewebe (= Plaque) am Gefäßabgang angesammelt hat. Die Spitze des Katheters kann sich in dieses weiche Gewebe einbohren. Wenn man in einer solchen Situation Kontrastmittel einspritzt spritzt man es direkt in den Plaque und in die Gefäßwand. Hierdurch spaltet man die Gefäßwand auf (= Dissektion) und es kann zu einem sofortigen Gefäßverschluß kommen. Beseitigt man eine Dissektion nicht umgehend z.B. durch eine Ballonerweiterung droht das Auftreten eines u.U. tödlichen Herzinfarktes.
Man geht heute offiziell von einem Risiko von Coronarographie von weniger als 1 schwerwiegende Komplikation pro 1.000 Katheteruntersuchungen aus, wobei die Erfahrung des Katheter-Arztes eine sehr große Rolle spielt.
1/1.000 ist nicht viel, darf aber nicht darüber hinweg täuschen, daß Coronarographien auch heute noch riskante Untersuchungen sind. Das Untersuchungsrisiko hängt sehr stark davon ab, welcher Grund für die Katheteruntersuchung besteht (z.B. „einfache“ Abklärung des Verdachtes auf vorliegende Koronarerkrankung = niedriges Risiko, akuter Herzinfarkt = höheres Risiko, alter Mensch = höheres Risiko, begleitender schwerer Herzklappenfehler = höheres Risiko, schwere Pumpschwäche des Herzens, evtl. verursacht durch einen früher abgelaufenen Herzinfarkt = höheres Risiko). Man sollte eine Coronarographie daher niemals mit der Leichtigkeit durchführen wie bei Ultraschalluntersuchungen nach dem Motto „Sehen wir doch mal, wie Ihre Herzkranzarterien aussehen“, sondern es sollte immer einen handfesten Grund für die Untersuchung geben und es sollte immer (!) der Nutzen der Untersuchung (z.B. für die Entscheidung über die weitere Behandlung) das Untersuchungsrisiko überwiegen.
Gesunde Herzkranzarterien sind zarte, glattwandige Gefäße, wie Sie z.B. in Film 5 sehen.
Film 5 |
Gesunde linke Herzkranzarterie |
Unter dem Einfluß der sog. Risikofaktoren kann es zu einer Verengung von Herzkranzgefäßen kommen, wie Sie dies in der Abb. 4 sehen.
Abb. 4 |
Unter dem Einfluß der sog. Risikofaktoren kann es zu einer Verengung von Herzkranzgefäßen kommen, wie Sie dies in der Abb. 4 sehen.
In solchen Fällen muß überlegt werden, wie man die „koronare Herzkrankheit“ am besten behandelt:
Ob mit Medikamenten, mit Ballonerweiterung und Stent oder mit Hilfe einer koronaren Bypass-Operation. Die Frage der Behandlung ist dabei keine Frage des Wunsches oder der Neigung des Patienten, sondern eine Frage der medizinischen Notwendigkeit, die oft nur durch Zusatzuntersuchungen (z.B. Myokardszintigraphie, Streß-Echokardiographie) beantwortet werden kann. Lesen sie mehr zu solchen Entscheidungsprozessen in Band 15 dieser eBook-Reihe über die „Koronare Herzkrankheit“, in Band 30 über „Ballonerweiterung (PTCA) und Stents“ und in Band 28 über die „Bypass-Operation“.
In einigen Fällen zeigt die Coronarographie nicht sicher an, ob eine Gefäßverengung bedeutsam ist oder ob sie den Blutstrom noch nicht behindert. In diesen Fällen kann man die eingangs schon erwähnten Zusatzuntersuchungen IVUS und FFR-Messung einsetzen, um dies zu klären.
2 Beispiele:
Abb. 5 |
In Abb. 5 sehen Sie 2 Bilder aus der Coronarographie der linken Kranzarterie aus 2 verschiedenen Blickwinkeln.
Im linken oberen Bild wirkt eine Verengung eher höhergradige, im rechten Bild hingegen nur leichtgradig.
Die fragliche Verengung befindet sich nun im Hauptstamm der linken Koronararterie, also einem äußerst wichtigen Gefäßabschnitt, bei dessen Verschluß der Tod des Betroffenen drohen würde. Daher mußte man genau untersuchen, ob es sich nun um eine leicht- oder eine hochgradige Verengung handelt.
Abb. 6 |
Man setzte dazu einen Druckdraht ein und bestimmte die fraktionelle Flußreserve (FFR). Es ergab sich ein Wert von 0.68, was zeigte, daß die Verengung hochgradig war. Der Patient wurde in der Folge mit einem Stent behandelt.
In Abb. 6 sehen Sie das Koronarogramm eines Patienten, der wegen Brustschmerzen (Angina pectoris) unter Belastung untersucht wurde. Die Untersuchung zeigte eine höhergradige Verengung in einer der Kranzgefäße (Pfeil in oberem Bildteil).
Weil diese Verengung aber in anderen Blickwinkeln nur leichtgradig wirkte entschloß man sich zu einer FFR-Bestimmung mittels DOPPLER-Draht (untere Bildteil). Der koronare Blutfluß von von 16 cm/sec nach Adenosin-Einspritzung in die Arterie auf 32 cm/sec gesteigert und damit verdoppelt werden. Hieraus errechnete sich eine CFR von 2.0, d.h. die Verengung hatte keine bedeutsame Blutflußbehinderung zur Folge.
Es gab somit keinen zwingenden Grund zur Beseitigung der Verengung mittels Stent, sodaß medikamentös behandelt wurde. Der Patient hat dies gut vertragen und ist seit nunmehr 3 Jahren beschwerdefrei.
Oft wird man bei der Feststellung von Koronarverengungen mit der Frage konfrontiert, ob man diese Verengung nicht „in einem Aufwasch“, nämlich im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung auch mit einem Stent behandeln lassen soll. Lesen Sie mehr zu einem solchen Vorgehen im eBook über Ballonerweiterung und Stenting zum Thema „ad-hoc-PTCA“ (Band 30 dieser eBook-Reihe).
Film 6 |
Verschluß der Vorderwand-Arterie Grüner Pfeil: Arterie, die in das Septum zieht, roter Pfeil: Verschlossene Arterie, die sich auf Umwegen verspätet zeigt |
Abb. 7 |
Verschluß der Vorderwand-Arterie aus anderer Sicht wie in Film 6 |
Neben der Verengung einer Herzkranzarterie kann diese auch verschlossen sein (Film 6, Abb. 7).
Meistens führt ein solcher Verschluß im Moment seines Auftretens zu einem Herzinfarkt. Ein solcher Infarkt führt, wenn er nicht umgehend (!) mit einer Ballonerweiterung und der Einpflanzung eines Stents behandelt wird, zu Schäden am Herzmuskel, dem ein Teil des Herzmuskels abstirbt. Sie sehen dies in Film 7.
Film 7 |
Vorderwandinfarkt im Lävokardiogramm Sehen Sie die aufgehobene Beweglichkeit von Vorderwand, Ventrikelspitze und spitzennaher Hinterwand |
Bei einem Verschluß einer Herzkranzarterie bestehen im weiteren Verlauf 3 Möglichkeiten, was mit dem Herzmuskel geschieht:
Film 8 |
In einer solchen Situation wird die Wiedereröffnung des Gefäßes nichts bewirken.
In vielen Fällen kann man die Frage, ob der Herzmuskel noch lebt oder ob er abgestorben ist nicht bei einer Herzkatheteruntersuchung klären, denn bei der Darstellung der Herzkammer haben beide Formen dasselbe Aussehen. Man ist in diesen Fällen auf zusätzliche Untersuchungen (z.B. eine Myokardszintigraphie oder eine MRT-Untersuchung) angewiesen. (Szintigraphie und Kardio-MRT werden in gesonderten eBooks dieser Reihe besprochen.)
Erst wenn mit diesen Untersuchungen nachgewiesen wurde, daß der Herzmuskel (jedenfalls teilweise) noch lebt macht die Eröffnung des verschlossenen Gefäßes mit bestimmten Kathetertechniken Sinn. Es ist in meinen Augen daher nicht gut (wenn nicht sogar gefährlich), wenn man eine solche Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes in demselben Atemzug wie die Katheteruntersuchung durchführt. Erst muß geklärt werden, ob die Wiedereröffnung auch zu einer Verbesserung der Pumpkraft des Herzens, einer Verminderung der Brustschmerzen oder zu einer Verbesserung der Pumpkraft des Herzens führt.
Dieses eher abwartendes Vorgehen gilt aber nur im Fall einer stabilen Koronarerkrankung; in Fällen frischer Herzinfarkte hingegen gibt es zu einer akuten und notfallmäßigen Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes keine Alternative (lesen Sie hierzu genauere Informationen in Band 16 dieser eBook-Reihe über das akute Koronarsyndrom.).
Film 9 |
Wenn man ein solches Aneurysma sieht weiß man schon, daß der Herzmuskel in diesem Bereich definitiv abgestorben ist. Die Wiedereröffnung der verschlossenen Kranzader durch die Implantation eines Stent ist in diesen Fällen nicht sinnvoll, denn daran, daß der Herzmuskel irreparabel abgestorben ist kann diese Behandlung nichts ändern.
Es gibt im Zusammenhang mit verengten und verschlossenen Herzkranzarterien noch zahlreiche andere Befunde, die man erheben kann (z.B. Blutgerinnsel in der Herzkammer, Ermüdung der nicht vom Infarkt betroffenen Wände durch Überlastung usw.); diese möchte in diesem eBook, in dem es um die Katheteruntersuchung geht, aber nicht besprechen. Ich verweise diesbezüglich vielmehr auf die anderen eBooks dieser Reihe in der Patienten-Akademie.
Und schließlich gibt es noch Patienten, bei denen geklärt werden muß, ob Bypass-Gefässe offen oder verschlossen sind und diejenigen Patienten, bei denen man Herzkranzgefäße nicht mit dem Katheter erreichen kann.
Film 10 |
Koronare Bypass-Gefäße werden vom Chirurgen manchmal an Stellen an die Aorta angeschlossen, die mit dem Katheter nicht leicht zu erreichen sind. In diesen Fällen geht es um die Frage, ob das Gefäß direkt am Ursprung verschlossen ist oder ob es an einer Stelle angeschlossen wurde, an der es durch einen Katheter nur einfach nicht zu erreichen ist. In diesen Fällen fertigt man ein Aortogramm an und spitzt Kontrastmittel in die Aorta (Film 10).
Man sucht nach den Bypass-Gefäßen und kann manchmal wie in Film 11 den Stummel eines verschlossenen Bypass sehen (rote Linie) oder man sieht, wie sich ein offener Bypass indirekt anfärbt. In diesem Fall weiß man, wo der Bypass entspringt und kann ihn dann gezielt aufsuchen.
Ein anderes Problem sind Koronargefäße, die man mit dem Katheter nicht erreichen kann. Es gibt nämlich Menschen, bei denen der Ursprung von Herzkranzarterien von Geburt an derart ungewöhnlichen Stellen liegt, daß der Katheter sie zunächst nicht erreicht.
Solche Gefäßanomalien nennt man „aberrierende“ Gefäße, also „abweichende Gefäße“. Auch in diesen Fällen kann man eine Kontrastmitteleinspritzung in die Aorta oder (Film 11) in den linken Ventrikel anfertigen. Auch hier sucht man danach, ob sich eine Arterie verspätet und vielleicht etwas flau zeigt (roter Pfeil im 2. Durchlauf in Film 11), sodaß man in etwa weiß, wo dieses Gefäß entspringt, um dann gezielt danach zu suchen.
Film 11 |