Herzkatheter

Die Informationen auf dieser Seite finden Sie zusammen mit anderen Informationen über die verschiedenen Herzkatheteruntersuchungen auch in Band 11 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.

Hier bekommen Sie die eBooks für die Ansicht auf einem


Für genauere Informationen über die einzelnen Katheteruntersuchungen klicken Sie in der nachfolgenden Liste:


Für diejenigen, bei denen selber eine Herzkatheteruntersuchung vorgesehen ist, gibt es eine kurze Broschüre zum Ausdrucken, wenn Sie hier klicken.


Auf dieser Website lesen Sie allgemeine Dinge, die man über die verschiedenen Herzkatheter wissen muß.

Vorbemerkungen

Mit dem Begriff „Katheter“ bezeichnet man dünne Schläuche, die man in den Körper einführt.

Die Bezeichnung, um welchen Kathetertyp es sich handelt, richtet sich nach dem Verwendungszwecke, sodaß man z.B. von einem Blasen-, Gefäß- oder Herzkatheter spricht. Benutzt man einen Katheter, um mit seiner Hilfe etwas zu untersuchen bezeichnet man diese Untersuchung folglich als „Katheteruntersuchung“.

Die eine Herzkatheteruntersuchung gibt es nicht. Man unterscheidet vielmehr verschiedene Herzkatheteruntersuchung danach, welchen Teil des Herzens man untersuchen möchte und in welchen Teil des Herzens man die Spitze des Katheter einführt:

Weitere Unterscheidungsmerkmale für Katheteruntersuchung sind

Abb. 1
Grundlage dieser Abbildung ist die Darstellung des Herzens. Wir verdanken sie dem genialen Medizinillustrator Patrick Lynch, der sie für jedermann zugänglich ins Internet gestellt hat.

Das Einführten des Katheters in die verschiedenen Teile des Herzens an sich nützt wenig. Daher führt man im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung Zusatzuntersuchungen durch wie z.B.:

Diese verschiedenen Untersuchungen kann man miteinander kombinieren, also z.B. eine Rechts- mit einer Linksherzkatheteruntersuchung und bei allen Untersuchungen kann man, je nach Fragestellung und dem, was man wissen möchte, die verschiedenen Zusatzuntersuchung (Druckmessung, Kontrastmitteleinspritzung oder Bestimmung des Sauerstoffgehaltes) einzeln oder in verschiedenen Kombinationen einsetzen.

Im Nachfolgenden möchte ich Ihnen zunächst die verschiedenen Zusatzuntersuchungen und danach die einzelnen Katheteruntersuchungen erklären.

Zusatz­untersuchungen

Druckmessung

Abb. 2
Prinzip eines der ersten Quecksilber-Barometer zur Messung des Luftdrucks

Die physikalische Meßeinheit des Drucks ist „mm Hg“ (= mm Quecksilbersäule).

Der Name dieser Einheit resultiert aus den Anfängen der Druckmessung (z.B. Toricelli 1644), als man eine Glasröhre benutzte, die mit flüssigem Quecksilber gefüllt war. Man beobachtete dann, wie hoch das Quecksilber in der Röhre durch den zu messenden Druck hochgedrückt wurde und benutzte diese Steighöhe als Maßeinheit (Abb. 2).

Die Technik hat sich zwischenzeitlich massiv verändert, aber diese alte Druckeinheit ist geblieben.

Durch einen Katheter kann man nicht nur z.B. Kontrastmittel gezielt an verschiedene Stellen einspritzen, sondern man kann auch den Blutdruck gezielt messen. Diese Möglichkeit basiert auf dem Prinzip der kommunizierenden Röhren und es funktioniert (stark vereinfacht) folgendermaßen:

Abb. 3

Durch einen mit Flüssigkeit gefüllten Schlauch wird der Druck, der an einem Ende des Schlauches herrscht (= Druck-Ursprung) zu seinem anderen Ende (= Druck-Messort) fortgeleitet. Wenn sich beide Schlauchenden auf derselben Höhe befinden entspricht der Druck am Messort exakt dem Druck am Ursprung, bei unterschiedlicher Höhe von Druck-Ursprung und -Messort sind die Drücke unterschiedlich.

Sie sehen in Abb. 3 links das Herz und einen Katheter, dessen Spitze sich im rechten Ventrikel befindet. In dem kleinen Kreis unterhalb des Herzens sehen Sie die Druckkurve innerhalb des rechten Ventrikels.

Abb. 4
Darstellung einer typischen Druckkurve beim Rückzug eines Katheters aus der linken Hauptkammer (links im Bild) in die Hauptschlagader (Aorta)

Diese Druckkurve wird dann über den Katheter und einen Schlauch bis zu dem sog. Druckaufnehmer weitergeleitet.

Hier im Druckaufnehmer wird der Druck gemessen und der Druckverlauf graphisch auf einem Monitor dargestellt und auf einer Papierkurve bzw. einer elektronischen Datei aufgezeichnet bzw. gespeichert (Abb. 4).

Die Druckkurven sind in den einzelnen Herzhöhlen und Gefäßen unterschiedlich und jeweils charakteristisch. Je nachdem, an welcher Stelle die Spitze des Katheters plaziert wird werden diese verschiedenen Druckkurven aufgezeichnet und gemessen. Aus diesen Kurven kann der Arzt während einer Untersuchung erkennen, an welcher Stelle des Kreislaufes bzw. in welcher Herzhöhle sich der Katheter gerade befindet.

Aus der Höhe des Drucks und der Form der Druckkurve kann der Arzt zudem wichtige Hinweise auf die Art und die Schwere verschiedener Herzkrankheiten gewinnen, Sie werden später in diesem eBook und in einem speziellen eBook über Herzfehler Beispiele sehen.

Noch ein Wort zu dem Druckaufnehmer:

Man nennt sie im allgemeinen Sprachgebrauch „STATHAM-Element“, benannt nach dem Erfinder und seiner Firma.

Alle Druckaufnehmer funktionieren mit Hilfe von Dehnungsmeßstreifen. Dies sind dünne Membrane, deren elektrischer Widerstand sind ändert, wenn sie gebogen oder gedehnt werden. Es gibt verschiedene Formen und Arten von Dehnungsmeßstreifen:

Bei den einen werden bestimmte Metalllegierungen (z.B. Nickel und Chrom) benutzt, bei anderen sog. Halbleiter aus Silizium. Der typische Dehnungsmeßstreifen besteht aus dünnem elektrischem Widerstandsdraht, der auf einer dünnen Kunststofffolie aufgebracht ist.

Abb. 5

Allen Dehnungsmeßstreifen ist gemeinsam, daß sich ihre elektrischer Widerstand ändert, sobald sie gebogen oder gedehnt werden. Dies führt zu Änderungen des Stromflusses durch den Meßstreifen, was mit speziellen elektronischen Schaltung (sog. WHEATSTONE-Brücke) gemessen und (nach entsprechender Eichung) in Druckwerte umgerechnet werden kann.

Das Funktionsprinzip eines STATHAM-Elementes sehen Sie in Abb. 5.

Über dem Dehnungsmeßstreifen (= STATHAM-Membran) befindet sich eine mit Flüssigkeit gefüllte Kammer („Dom“), die an ihrer unteren Seite mit einer dünnen biegsamen Membran abgedichtet ist.

Abb. 6

Die STATHAM-Membran liegt unmittelbar unterhalb dieser biegsamen Membran. Der Dom ist an den Katheter angeschlossen. Dadurch gelangt der Blutdruck aus dem Herzen oder einem Gefäß über den Katheter in den Dom und verursacht eine Verbiegung sowohl der biegsamen als auch der STATHAM-Membran.

Die Verbiegung der STATHAM-Membran verändert (siehe oben) deren elektrischen Widerstand, was mit elektronischen Meßgeräten aufgezeichnet wird. Es gibt verschiedene Bauformen von STATHAM-Elementen, bei denen die STATHAM-Membran z.B. über einen winzigen Hebel mit einer Metallplatte gekoppelt ist (Abb. 6).

Abb. 7

Es gibt zudem Geräte, bei denen nur 1 größere Membran eingebaut ist und es gibt wiederum andere Geräte, bei denen die dehnungsempfindlichen Meßstreifen an den Seiten einer Membran angebracht sind und die gedehnt werden, wenn sich die biegsame Membran verbiegt (Abb. 7).

Abb. 8
Links älteres STATHAM-Element mit aufgeschraubtem Einmal-Dom, rechts modernes Einmal-STATHAM

STATHAM-Elemente waren zu Beginn der elektronischen Druckmessung sehr teuer. Daher hat man sie so konzipiert, daß sie wiederverwendbar waren. Zu diesem Zweck konnte man auf den elektronischen Teil des STATHAMs einen Druck-Dome aufschrauben. Nur dieser Dome war an den Katheter angeschlossen (siehe Abb. 3). Er konnte in demjenigen Fall, daß Blut über den Katheter eindrang, verunreinigt werden. Daher benutzte man den Dom ausschließlich für 1 einzige Katheteruntersuchung, die teuere Elektronik im Inneren des Elementes aber mehrfach. Die Kosten für die Druckaufnehmer wurden im Verlauf der Jahre zunehmend günstiger, sodaß man mittlerweile Einmalgeräte verwendet, die nach jeder Untersuchung weggeworfen werden (Abb. 8).

Wenn man mehrere Katheter gleichzeitig benutzt und über jeden dieser Katheter Drücke messen möchte kann man bei einer Untersuchung mehrere STATHAM-Elemente benutzen und die von ihnen jeweils gemessenen Drücke gleichzeitig aufzeichnen und darstellen.

Kontrastmittelgabe

Blutgefäße und das Innere des Herzens kann man in einem normalen Röntgenbild nicht sehen. Es ist daher erforderlich, daß man Kontrastmittel benutzt. Das Kontrastmittel wird dabei über den Katheter in ein Blutgefäß oder eine Herzhöhle eingespritzt und dadurch sichtbar gemacht. Dies ist dadurch möglich, daß das Kontrastmittel aufgrund seiner chemischen Struktur die Röntgenstrahlung abschwächt.

Dabei handelt es sich prinzipiell um denselben Effekt wie bei der Röntgendarstellung von Knochen:

Bei Knochen ist es das Calcium, das die Röntgenstrahlung „schluckt“ und daher abschwächt und die Knochen daher sichtbar macht, bei Kontrastmitteln sind es die Jod-Atome, die in das Kontrastmittel chemisch eingebaut sind. Dies können bis zu 6 Jodatome in jedem einzelnen Kontrastmittelmolekül sein.

Man unterscheidet ionische von nicht-ionischen Kontrastmitteln.:

Ionische Kontrastmittel sind wasserlösliche, elektrisch geladene Substanzen, nicht-ionische Kontrastmittel hingegen sind elektrisch ungeladen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Verträglichkeit, sodaß für Herz- und Gefäßdarstellungen heute nur noch die gut verträglichen nicht-ionischen Substanzen verwendet werden.

Film 1
Einspritzung von Kontrastmittel in die linke Herzkammer (= linker Ventrikel)

Spritzt man Kontrastmittel z.B. in die linke Herzkammer ein, so kann man in kurzen Filmen (Film 1) sehen, wie groß diese linke Herzkammer ist, wie kräftig sie pumpt und ob es (z.B. nach einem abgelaufenen Herzinfarkt) Narben gibt. Man nennt eine solche Darstellung der linken Herzkammer Lävokardiographie (Beispiele finden Sie weiter unten).

Durch eine solche Einspritzung des Kontrastmittels in die linke Herzkammer oder die Aorta kann man z.B. überprüfen, ob Herzklappen dicht schließen oder undicht sind. Wenn man beispielsweise Kontrastmittel in die Aorta einspritzt kann man erkennen, ob die Aortenklappe (die zwischen der Aorta und dem linken Ventrikel liegt) dicht schließt oder ob Blut aus der Aorta zurück in die linke Hauptkammer fließt (was eine Undichtigkeit der Klappe anzeigt).

Ebenfalls kann man mit Hilfe von Kontrast-Einspritzungen in den linken Ventrikel überprüfen, ob die Eingangsklappe in den Ventrikel (= Mitralklappe) dicht schließt oder ob Kontrastmittel (und damit Blut) zurück in die linke Vorkammer fließt (was eine Undichtigkeit dieser Klappe anzeigt). Beispiele solcher Klappenundichtigkeiten sehen Sie etwas später unter Linksherzkatheteruntersuchung und „Ergebnisse“.

Und schließlich kann man Kontrastmittel in die beiden Herzkranzarterien einspritzen und diese Gefäße hierdurch sichtbar machen. Herzkranzgefäße (siehe eBook über die Anartomie des Herzens (Band 3 der eBook-Reihe) sind nämlich sehr dünne und feine Blutgefäße, die man mit Hilfe einer Echokardiographie oder in einem „normalen“ Röntgenbild nicht sehen kann.

Film 2
Darstellung der linken Herzkranzarterie

Die Kontrastmittel-Einspritzung in diese Gefäße (= Coronarographie) (Film 2) ist die auch heute noch beste und in vielen Fällen einzige Möglichkeit, um diese Gefäße sichtbar zu machen, um damit ihre evtl. Erkrankung (Verengung oder Verschluß) erkennen zu können.

Film 3

Immer dann, wenn Kontrastmittel-Darstellungen erfolgen wird man die Struktur, die man gerade darstellt aus verschiedenen Blickrichtungen darstellen. Um dies zu bewerkstelligen dreht sich das Herzkathetergerät um den Patienten, der auf einem Untersuchungstisch liegt (Film 3).

Die Gabe von Kontrastmittel kann (z.T. erhebliche) Nebenwirkungen haben, auf die ich bei den verschiedenen Herzkatheteruntersuchungen noch eingehen werde.

Sauerstoffmessungen

Eine weitere Zusatzuntersuchung im Rahmen von Herzkatheteruntersuchung beinhaltet die Messung des Sauerstoffgehaltes des Blutes. Man nennt diese Zusatzuntersuchung Oxymetrie.

Dazu werden mit Hilfe des Katheters Blutproben aus verschiedenen Teilen des Herzens (aus beiden Vor- und beiden Hauptkammern), aus den großen Schlagadern, die aus den Hauptkammern entspringen (Aorta, A. pulmonalis (= Lungenschlagader)), aus den herznahen Anteilen der oberen und unteren Hohlvene, sowie (falls möglich) auch aus den Lungenvenen entnommen.

Mit Hilfe eines speziellen Gerätes (Oxymeter) wird dann in jeder dieser Blutproben gemessen, wieviel Sauerstoff sich in ihnen befindet. Dabei wird nicht die Menge des Sauerstoffes gemessen, sondern das Ausmaß, mit dem der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, mit Sauerstoff gesättigt ist.

Aus diesen Sättigungswerten kann man dann die jeweils enthaltene Menge an Sauerstoff berechnen:

Sauerstoff wird im Blut nämlich an das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen (= Erythrozyten) gebunden und in dieser gebundenen Form mit dem Blutstrom transportiert. Die Farbe des Hämoglobins ändert sich in Abhängigkeit davon, wie stark es mit Sauerstoff gesättigt ist: Stark gesättigtes Hämoglobin ist hellrot, wenig gesättigtes Hämoglobin dunkelrot.

Man kann daher aus der Farbe des Blutes darauf schließen, wie stark das Hämoglobin mit Sauerstoff gesättigt ist. Dieses Prinzip nutzt man mit dem Oxymeter aus:

Es durchstrahlt das Blut mit Licht einer bestimmten Wellenlänge und mißt dann, wie stark dieses Licht durch das Blut abgeschwächt wird. Aus dem Ausmaß dieser Schwächung (= Absorption) kann das Gerät dann die Sauerstoffsättigung des Blutes bestimmen.

Weil man weiß, daß 1 gr Hämoglobin bei 100%iger Sättigung mit Sauerstoff 1.34 ml Sauerstoff binden kann läßt sich aus der Sauerstoffsättigung berechnen, welche Menge Sauerstoff (ml Sauerstoff / 100 ml Blut) die Blutprobe enthält.

Man kann also aus Blutproben, die man mit Hilfe eines Katheters aus verschiedenen Teilen des Herzens und des Kreislaufes entnimmt, die jeweilige Sauerstoffsättigung und die Sauerstoffmenge in dieser Blutprobe bestimmen.

Wozu macht man das?

Man kann aus diesen Werten das Herzzeitvolumen berechnen, erkennen, ob es Kurzschlußverbindungen zwischen den sauerstoffreichen (Lungenvenen, linker Vorhof, linker Ventrikel) und sauerstoffarmen Herzhöhlen und Gefäßen (Hohlvenen, rechter Vorhof, rechter Ventrikel) gibt und wieviel Blut durch diesen Kurzschluss (= Shunt) fließt.

Herzzeitvolumen-Messung (HZV) mittels Oxymetrie

Film 4
rote Kugeln = sauerstoffreiches Blut blaue Kugeln = sauerstoffarmes Blut

Um das Meß- und Berechnungsprinzip zu verstehen errinnern Sie sich an den Blutkreislauf des Sauerstoffs:

Er wird in der Lunge ins Blut aufgenommen, man spricht davon, daß das Blut in der Lunge „aufgesättigt“ wird.

Von hier aus fließt das sauerstoffreiche Blut durch die Lungenvenen in die linke Vor-, von dort aus in die linke Hauptkammer und von hier aus in die Hauptschlagader, die Aorta. In allen diesen Teilen des Kreislauf befindet sich also sauerstoffreiches Blut.

Von der Aorta aus gehen viele Arterien ab. Hier wird der Sauerstoff in die verschiedenen Organe und Gewebe abgegeben, sodaß das Blut beim Verlassen der Gewebe und Organe in den Venen sauerstoffarm ist.

Abb. 9
RA = rechter Vorhof, RV = rechter Ventrikel, LA = linker Vorhof, LV = linker Ventrikel

Das sauerstoffarme Blut fließt durch die Venen in die Hohlvenen und von hier aus durch die rechte Vorkammer, den rechten Ventrikel und die Lungenschlagader in die Lunge, wo es erneut mit Sauerstoff aufgesättigt wird.

In Abb. 9 sehen Sie diesen Sauerstoffkreislauf schematisch dargestellt. Eingetragen sind in Abb. 9 die mittels Oxymetrie gemessenen Sauerstoffsättigungen (%) und die hieraus errechnete Sauerstoffmenge im Blut (in grüner Schrift).

Sie sehen, daß die Sauerstoffsättigung des Blutes in Lungenvenen, linkem Vorhof und Ventrikel, sowie in der Aorta hoch (97%) und in den Venen, Hohlvenen, rechtem Vorhof, rechtem Ventrikel und Lungenschlagader (A. pulmonalis) durchgehend niedrig ist (69%).

Um das HZV zu berechnen benötigen Sie die folgenden Meßgrößen: Den Sauerstoffverbrauch des Körpers und die Sauerstoffaufnahme, denn wenn man weiß, wieviel Sauerstoff der Körper verbraucht und wenn man dann ebenfalls weiß, wieviel Sauerstoff er in jeder Minute über die Lungen in sich aufnimmt kann man berechnen, welcher Blutfluß in jeder Minute durch den Kreislauf fließen muß, damit der aufgenommene Sauerstoff verbraucht wird.

Sauerstoffverbrauch

Der Sauerstoff wird mit dem Blut zu den verschiedenen Organen und Geweben transportiert.

Hier tritt er aus dem Blut in die Gewebe über, sodaß das Blut beim Verlassen der Gewebe über die Venen sauerstoffärmer ist als bei ihrem Betreten über die Arterien.

Wenn man also den Sauerstoffgehalt des Blutes in den Arterien und den Venen mißt weiß man, wieviel Sauerstoff von Geweben und Organen verbraucht worden ist.

Man bestimmt daher den Sauerstoffgehalt im arteriellen und im venösen Blut.

Daher entnimmt man mittels eines Katheters arterielles Blut, z.B. aus der Leistenarterie, der Aorta, aus linker Vorkammer, linkem Ventrikel oder aus den Lungenvenen. Welchen Ort zur Blutabnahme man wählt hängt von der jeweiligen Untersuchung ab.

Das venöse Blut entnimmt man aus dem rechten Vorhof, dem rechten Ventrikel oder der Lungenschlagader. Kennt man den arteriellen und venösen Sauerstoffgehalt kann man aus der Differenz dieser Werte (d.i. der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz) den Sauerstoffverbrauch des Körpers bestimmen. In unserem Beispiel (Abb. 9) sind dies 4.8 ml Sauerstoff / 100 ml Blut (16.4 - 11.8 ml O2/100 ml Blut).

Sauerstoffaufnahme

Die Sauerstoffaufnahme des Körpers kann man mit Hilfe bestimmter Techniken direkt messen. Diese Messungen sind aber technisch sehr aufwendig, sodaß man heute Normwerttabellen benutzt, aus denen man den Sauerstoffverbrauch ablesen kann. In unserem Beispiel (Abb. 9) ist der Sauerstoffverbrauch tabellarisch mit 269 ml O2 / min bestimmt worden.

Man kann nun berechnen, wieviel Liter/min durch den Kreislauf gepumpt werden müssen, um den aufgenommenen Sauerstoff zu verbrauchen. Die mathematische Formel für diese Berechnung lautet

Herzzeitvolumen (HZV)(ml Blut/min) = Sauerstoffaufnahme (ml O2/min)/Sauerstoffverbrauch (ml O2/100 ml Blut)

Im Beispiel der Abb. 9 errechnet sich bei einem Sauerstoffverbauch von 269 ml Sauerstoff/min ein HZV von 5.600 ml/min.

Dieses Berechnungsprinzip nennt man nach seinem Entdecker das „FICK´sche Prinzip“.

Der Schwachpunkt dieser Methode besteht in der Benutzung von Normwerttabellen zur Bestimmung des Sauerstoffverbrauches, denn die Tabellen geben nur standardisierte und keine individuellen Werte wieder, sodaß evtl. Funktionsstörungen und Erkrankungen der Lungen nicht berücksichtigt werden. Daher verwendet man bei solchen Menschen eine andere Methode zur Bestimmung des HZV (Thermodilutionsmethode), worüber ich etwas später in diesem eBook berichten werde.

Kurzschlußverbindungen

Normalerweise sind rechter (venöser) und linker (arterieller) Teil des Herzens durch Trennwände (Septen) streng voneinander getrennt. Es gibt aber angeborene (und sehr selten auch erworbene) Herzfehler, bei denen z.B. diese Trennwände zwischen rechter und linke Vorkammer bzw. zwischen rechter und linker Herzkammer undicht sind, weil sie sich in der Entwicklung des Herzens im Mutterleib nicht vollständig verschlossen haben. Solche Löcher bzw. Undichtigkeiten der Trennwände haben zur Folge, daß sich sauerstoffreiches und sauerstoffarmes Blut innerhalb des Herzens vermischen.

Dabei entscheiden die Blutdrücke in den jeweiligen Herzhöhlen darüber, ob sauerstoffreiches Blut aus dem linken Teil des Herzens in den sauerstoffarmen rechten Teil des Herzens oder umgekehrt fließt, denn Flüssigkeiten fließen immer vom Ort des höheren zum Ort des geringeren Drucks.

Durch solche Löcher kommt es also zur Kurzschlußverbindungen zwischen dem linken und dem rechten Kreislauf. Und weil das englische Wort für Kurzschluß „Shunt“ lautet nennt man solche solche Fehler „Shunt-Fehler“ oder „Shunt-Vitien“ (Vitien = Herzfehler).

Abb. 10
RA = rechter Vorhof, RV = rechter Ventrikel, LA = linker Vorhof, LV = linker Ventrikel

In Band 19 dieser eBook-Reihe erfahren Sie mehr über solche angeborenen Herzfehler.

Um zu verstehen, was die Oxymetrie bei solchen Shunt-Vitien ausrichten soll betrachten Sie Abb. 10.

Ähnlich wie in Abb. 9 sind hier beide Haupt- und Vorkammern, sowie die Sauerstoffmengen in den verschiedenen Abschnitten des Herzens und des Kreislaufes.

Sie errechnen sich, wie oben schon beschrieben, aus den Sauerstoffsättigungswerten in den verschiedenen Abschnitten, aus denen mit Hilfe eines Katheters Blut abgenommen wurde und dieses dann oxymetrisch untersucht wurde.

Anders als in Abb. 9 sind in Abb. 10 nicht die Sättigungswerte, sondern nur die Sauerstoffmengen im Blut eingetragen.

Und ebenfalls anders als in Abb. 9 sind in Abb. 10 die Blutdrücke angegeben, die in den verschiedenen Teilen des Herzens und des Kreislaufes herrschen und die ebenfalls mit dem Herzkatheter gemessen wurden.

Die Angabe der Blutdrücke in deshalb wichtig, weil aus Ihnen die Richtung hervorgeht, in die das Blut durch das Loch in der Trennwand fließt.

Betrachten sie zunächst nur die Sauerstoffwerte: In der Hohlvene (V. cava) ist der Sauerstoffgehalt (Sauerstoff = O2) mit 13.2 ml O2/100 ml Blut niedrig. Im rechten Vorhof nimmt er allerdings schlagartig auf 16.9 ml O2/100 ml Blut zu und auch in rechtem Ventrikel und Lungenschlagader (A. pulmonalis) bleibt er deutlich höher als in der Hohlvene.

Einen solchen Sauerstoffsprung gibt es zwischen Lungenvene, linkem Vorhof, linkem Ventrikel und Aorta hingegen nicht.

Dies muß man so deuten, daß es im rechten Vorhof mit seinem sauerstoffarmen Blut zu einer Beimischung sauerstoffreichen Blutes kommt. Die einzige Erklärung hierfür ist ein Loch in der Trennwand zwischen rechtem und linkem Vorhof durch eine Erkrankung namens „Vorhofseptumdefekt (ASD)“ (Näheres hierzu finden Sie in Band 19 dieser eBook-Reihe).

Daß das Blut durch dieses Loch vom linken in den rechten Vorhof fließt ergibt sich aus den Blutdrücken in beiden Vorhöfen:

9/4 mm Hg im linken und 7/2 mm Hg im rechten Vorhof.

Weil der Druck im linken Vorhof höher ist als im rechten folgt daraus, daß das Blut vom linken in den rechten Vorhof fließen muß.

Somit hat die sog. „Stufen-Oxymetrie“ bewiesen, daß eine Kurzschlußverbindung zwischen beiden Vorkammern besteht und daß das Blut durch diesen Kurzschluß vom sauerstoffreichen linken zum sauerstoffarmen rechten Vorhof fließt.

Nun kann man mit dem oben beschriebenen FICK´schen Prinzip auch berechnen, wieviel Blut durch das Loch in der Trennwand zwischen den Vorkammern fließt.

Dazu berechnet man einmal das Herzzeitvolumen im Lungen- und zum anderen dasjenige im Körperkreislauf.

Für diese Berechnung bestimmt man den Sauerstoffgehalt in der Aorta und in der Hohlvene aus den jeweiligen Blutproben.

Die Differenz zeigt an, wieviel Sauerstoff der Körper verbraucht.

Ebenfalls mißt man den Sauerstoffgehalt in der Lungenschlagader und im linken Vorhof.

Die Differenz dieser Werte zeigt an, wieviel Sauerstoff in den Lungen aufgenommen wird.

Wenn man nun noch den Sauerstoffverbrauch des Körpers kennt (siehe oben) kann man berechnen, wieviel Blut in jeder Minute durch den Lungen- und durch den Körperkreislauf fließt.

Normalerweise sind beide Werte identisch. Im Falle eines Loches in der Trennwand des Herzens sind diese Werte aber verschieden. In Abb. 10 z.B. fließen 4.700 ml/min durch den Körper- und 11.600 ml/min durch den Lungenkreislauf.

Aus der Differenz errechnet sich somit diejenige Blutmenge, die durch das Loch vom linken in den rechten Vorhof fließt, d.h. das „Shuntvolumen“ beträgt 7.100 ml/min von linke nach rechts.

Die Oxymetrie kann also nicht nur das Vorliegen einer Kurzschlußverbindung nachweisen, sondern zusätzlich auch noch bestimmen, wieviel Blut durch diese Kurzschlußverbindung fließt und damit die Größe des Problems zeigen. Dies wiederum ist wichtig, wenn es um die Frage geht, ob man einen solchen Defekt verschließen muß oder ob man ihn belassen kann (siehe Band 19 dieser eBook-Reihe).

Nun ist die oxymetrische Bestimmung des Herzzeitvolumens relativ aufwendig:

Man muß eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchführen, benötigt hierzu ein Herzkathetergerät und muß zudem zahlreiche Blutproben abnehmen und diese sehr schnell im Labor untersuchen lassen. Einfacher kann man das HVM mit der nachfolgend beschriebenen Untersuchung bestimmen.

Diese vereinfachte Untersuchung kann natürlich nur dann angewandt werden, wenn es um die Bestimmung des HVM geht; geht es um die Feststellung und Größenbestimmung eines Shunts gibt es zur Rechtsherzkatheteruntersuchung mit Oxymetrie keine Alternative.

HZV-Messung mittels Thermodilution

Thermodilution bedeutet „Verdünnung von Wärme“.

Wie kann man mit verdünnter Wärme das Herzzeitvolumen bestimmen?

Abb. 11

Ich erkläre es Ihnen:

Man verwendet hier spezielle Katheter (HZV-Katheter (HZV = Herzzeitvolumen)), die an ihrer Spitze einen kleinen Luftballon und ein elektrisches Thermometer tragen.

10 cm von der Spitze entfernt befindet sich 1 von insgesamt 2 Katheteröffnungen (Abb. 11), die 2. Katheteröffnung befindet sich an der Spitze des Katheters. Zusätzlich gibt es 1 Anschluß für die Elektrik des Thermometers und einen Anschluß, über den der Luftballon an der Katheterspitze aufgeblasen werden kann.

Der Luftballon dient dazu, daß die Katheterspitze leichter mit dem Blutstrom in das Herz hineingespült wird.

Der Katheter wird über eine Vene eingeführt und dann mit dem Blutstrom in die rechte Hauptkammer vorgeschoben. Dadurch handelt es sich letztlich um einen Rechtsherzkatheter.

Abb. 12

Über seine endständige Öffnung wird der Druck in den Herzhöhlen gemessen, sodaß der Arzt stets sehen kann, an welcher Stelle sich die Katheterspitze gerade befindet.

Wenn der Katheter im rechten Ventrikel liegt spritzt man eine bestimmte Menge eiskalter Flüssigkeit (Kochsalzlösung) durch den Katheter. Die kalte Flüssigkeit wird vom vorbeifließenden Blut mitgerissen, sodaß sie an dem Thermometer vorbei fließt (Abb. 12).

Abb. 13

Dabei mißt das Thermometer die Temperatur des vorbeifließenden Blutes und leitet diese Temperaturkurve an den HZV-Computer weiter. Das Aussehen der Temperaturkurve hängt nur stark von der Flußgeschwindigkeit des Blutes und diese wiederum von der Höhe des Herzzeitvolumens ab (Abb. 13).

Bei großem HZV wird die kalte Flüssigkeit sehr schnell vom vorbeifließenden Blut mitgerissen und erreicht das Thermometer an der Katheterspitze entsprechend schnell („A“ in Abb. 13). Bei kleinem HZV und damit geringerer Blutflußgeschwindigkeit erreicht die Kälte das Thermometer entsprechend später („B“ in Abb. 13).

Aus der Zeit zwischen der Injektion der kalten Lösung und dem Temperaturminimum, sowie aus der Form der Temperaturkurve berechnet der HZV-Computer dann das Herzzeitvolumen.

Weil diese Berechnung auf der Grundlage einer Kälteverdünnungskurve ermittelt wird nennt man das Untersuchungsprinzip Thermodilution.

Anders als bei der oxymetrischen Bestimmung des Herzzeitvolumens ist es für die Thermodilutionsmethode nicht erforderlich, Blut aus verschiedenen Gefäßen und Herzhöhlen zu entnehmen, sodaß die Thermodilutionsmethode viel einfacher durchzuführen ist. Allerdings ist sie wegen der Kosten des Katheters auch sehr viel teurer. Sie erfordert zudem keine Messung oder tabellarische Bestimmung des Sauerstoffverbrauches mit deren jeweiligen Nachteilen, sodaß sie auch als das genauere Verfahren angesehen wird.

Intravaskulärer Ultraschall (IVUS)

Abb. 14

Dies bedeutet nichts anderes, als daß man das Innere eines Blutgefäßes mit Hilfe von Ultraschall sichtbar macht (Vas = lateinisches Wort für Blutgefäß, Vasa = Blutgefäße).

Eine solche Untersuchung ist immer dann sinnvoll, wenn man bei einer Herzkatheteruntersuchung der Herzkranzgefäße (Coronarographie, siehe unten) Gefäßverengungen sieht, deren Schwere man aber nicht genau zuordnen kann. In diesen Fällen benutzt man einen sog. IVUS-Katheter (Abb. 14).

Abb. 15

Dabei handelt es sich um einen sehr dünnen Katheter, der an seiner Spitze eine Ultraschallvorrichtung besitzt. Diese Vorrichtung gibt zu allen Seiten, d.h. über eine Drehung von 3600 Ultraschall ab.

Diese „Rund-um-Beschallung“ erfolgt entweder mechanisch über einen winzigen drehbaren Ultraschallkopf (Abb. 15 oben) oder wird elektronisch erzeugt (Abb. 15 unten).

Abb. 16
rot = Gefäßinnenraum, grün = Katheter, schwarz = Führungsdraht, grün = IVUS-Katheter

Eingeführt wird der IVUS-Katheter mit Hilfe eines Führungskatheters (grün wie in Abb. 16), der in den Abgang der linken oder rechten Koronararterie gesteuert wird. Durch diesen Führungskatheter wird ein dünner, gut steuerbarer Führungsdraht bis weit in das Gefäß eingeführt.

Über diesen Führungsdraht wird dann der IVUS-Katheter in die Koronararterie eingeführt und unter durchgehender Röntgen-Durchleuchtungskontrolle genau an diejenige Stelle in der Koronararterie geschoben, die untersucht werden soll.

Ist die Katheterspitze am Ziel angekommen werden Ultraschallwellen in einen Umkreis von 3600 gesendet und empfangen.

Film 5

Diese Drehung müssen Sie sich ebenso vorstellen wie die Drehung einer Radarantenne auf dem Dach eines Flughafentowers oder eines Schiffmastes (Film 5).

Aus der Richtung des gesendeten und empfangenen Ultraschallstrahl und der zeitlichen Differenz zwischen dem Senden und dem Empfangen des Schallimpulses berechnet das Radargerät die Position der Flugzeuge (Film 6).

Film 6

Dieselbe Vorgehensweise wird auch beim intravaskulären Ultraschall angewandt:

Aus der Richtung des Schallstrahls und der zeitlichen Differenz zwischen Senden und Empfangen berechnet ein Computer ein Bild mit den verschiedenen Strukturen der Gefäßwand. Das Untersuchungsverfahren entspricht prinzipiell demjenigen einer Ultraschalluntersuchung, wie sie in Band 7 dieser eBook-Reihe ausführlich beschrieben wurde.

Abb. 17

Die Bilder, die man mit einer IVUS-Untersuchung sieht sind qualitativ sehr gut, denn es gibt keine Bildstörungen durch Luft, Knochen oder Knorpel, wie dies bei der „normalen“ Echokardiographie der Fall ist. Man kann auf den IVUS-Bildern (Abb. 17) also die verschiedenen Strukturen der Koronararterie (z.B. Bindegewebe, Fett oder Kalk) sehr genau sehen. Vor allem sieht man aber den Innenraum des Gefäßes sehr genau, man kann evtl. Gefäßverengungen sehen und sie genau ausmessen (Abb. 18).

Abb. 18
Plaque = Material in der erkrankten Gefäßwand, das den Innenraum des Gefäßes einengt

Diese genaue Darstellung der Weite des Gefäßes ist es, die eine IVUS-Untersuchung bei Herzkatheteruntersuchung so wichtig macht:

Abb. 19

In einigen Fällen kann man nämlich das Ausmaß einer Verengung bei der Kontrastmitteldarstellung einer Koronararterie nicht einschätzen und kann daher nicht sagen, ob diese Verengung bedeutsam ist, d.h. ob sie zu einer Behinderung des Blutflusses führt oder nicht (Abb. 19).

n Abb. 19 sehen Sie links die Darstellung der linken Herzkranzarterie bei einer Coronarographie, d.h. bei einer Kontrastmitteldarstellung des Gefäßes. Mit dem roten Kreis markiert ist die Verengung eines Gefäßes, von der man aber nicht genau sagen kann, ob sie das kritische Ausmaß einer Verengung (75%) erreicht oder nicht und damit, ob man diese Verengung mit einer Ballonerweiterung und einem Stent behandeln muß oder nicht.

Die IVUS-Untersuchung (rechts in Abb. 19) zeigt nun genau, daß der Innenraum des Gefäßes um etwa 55% verengt ist.

Dies zeigt, daß die Verengung nicht bedeutsam ist und daß man sie daher nicht mit einem Stent behandeln muß. Sie lernen mehr über Koronarerkrankungen in Band 15 dieser eBook-Reihe, der sich mit der koronaren Herzkrankheit befaßt.

Die Durchführung einer IVUS-Untersuchung ist relativ aufwendig und nicht frei von Komplikationen. Daher führt man eine andere Untersuchung durch, um zu erfassen, ob eine Verengung zu einer Behinderung des Blutflusses führt oder nicht, nämlich die Untersuchung der Flußreserve des betroffenen Gefäßes.

Fraktionelle Flußreserve (FFR)

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um die Messung der maximalen Durchblutung durch eine verengte Herzkranzarterie.

Dazu mißt man, um wieviel die Blut, die im Normalfall, d.h. in körperlicher Ruhe, durch das Gefäß fließt, unter Belastung gesteigert werden kann; diese Zunahme bezeichnet man als „Flußreserve“.

Die Messung ist dann erforderlich, wenn man bei einer Coronarographie eine Gefäßverengung sieht, von der man nicht abschätzen kann, ob sie zu einer Behinderung des Blutflusses und damit zu Beschwerden führt oder ob der Blutfluß garnicht oder nur geringgradig gestört ist.

Zur Bestimmung der FFR kann man 2 Methoden anwenden: Die Ultraschall-DOPPLER-Methode oder die Druckmessung in dem betroffenen Gefäß:

DOPPLER-Messung

Hierzu benutzt man einen sehr dünnen Draht (0.4 mm dick), der an seiner Spitze einen miniaturisieren Ultraschallkristall trägt. Die von diesem Kristall ausgesandten Ultraschallimpulse werden von den vorbeifließenden roten Blutkörperchen (Erythrozyten) reflektiert. Die Frequenz dieser reflektierten Ultraschallwellen wird durch die Geschwindigkeit der fließenden Erythrozyten verändert (DOPPLER-Prinzip).

Dieses Prinzip wird in Band 7 dieser eBook-Reihe über Ultraschalluntersuchungen genauer erklärt.

Abb. 21
Abb. 20

Ebenso wie bei der IVUS-Untersuchung wird der DOPPLER-Draht über den Führungskatheter in das Zielgefäß eingeführt und in diesem Gefäß über die zu untersuchende Verengung hinaus geschoben (Abb. 20).

Anschließend wird das DOPPLER-Signal dargestellt und aufgezeichnet (Abb. 21).

Abb. 22

Im nächsten Schritt wird ein Medikament (Adenosin) über den Führungskatheter in die Herzkranzarterie eingespritzt, das das Gefäß maximal erweitert.

Durch diese Erweiterung wird der Blutdurchfluß durch die Verengung des Gefässes ebenfalls maximal gesteigert. Leitet man also unter maximaler Gefäßerweiterung erneut das DOPPLER-Signal ab dann erkennt man normalerweise eine deutliche Zunahme des Signals (Abb. 22).

Diese Zunahme drückt man mathematisch mit der Formel aus:

Coronare ~ Flussreserve (CFR) = Blutfluss Belastung/BlutflussRuhe.

Bei gesunden Gefäßen beträgt der so ermittelte Wert größer als 2.0. Dies bedeutet, daß sich der Durchfluß durch ein Gefäß bei maximaler Erweiterung mehr als verdoppeln kann.

Abb. 23

Ist dies nicht der Fall, d.h. ist die Zunahme des Blutflusses geringer spricht dies dafür, daß eine Gefäßverengung bedeutsam ist und die Beschwerden eines Patienten durchaus erklären kann.

In Abb. 23 sehen Sie ein Beispiel für eine solche Untersuchung:

Sie sehen im linken Teil des Bildes die Verengung einer Herzkranzarterie (Pfeil), im rechten Teil den Koronarfluß in Ruhe (APVbase (APV = average peak flow velocity = gemittelter Blutfluß)) und unter Gefäßerweiterung mit Adenosin ((APVhyper).

Sie können erkennen, daß die Verengung des Gefäßes in der Coronarographie zwar bedeutsam aussieht, daß eine Verdoppelung des Blutflusses (CFR: 2.0) aber zeigt, daß die Auswirkungen dieser Verengung nicht ganz so bedeutsam ist wie es nach der Coronarographie den Anschein hatte.

Der Patient hatte leichte Brustschmerzen unter Belastung. Die Verengung hat, wie die CFR zeigte, keine nachhaltige und bedeutsame Behinderung des Blutflusses zur Folge, sodaß man sich nach Besprechung des weiteren Vorgehens mit dem Patienten dazu entschloss, zunächst keine Ballonerweiterung durchzuführen bzw. einen Stent zu implantieren, sondern ihn mit Medikamenten zu behandeln. Der Patient wurde beschwerdefrei und blieb dies bislang auch (Verlauf über 3 Jahre).

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Abb. 24

Die Bestimmung der koronaren Flußreserve mit der DOPPLER-Technik klingt bestechend, aber sie hat einen entscheidenden Nachteil, indem es aus technischen Gründen zu falschen Untersuchungsergebnissen kommen kann:

Die Flußkurven, die man mit DOPPLER-Drähten gewinnt, sind nur dann verwertbar, wenn die Spitze des Drahtes mehr oder weniger genau in Längsrichtung des Blutstroms liegt (Abb. 24).

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Abb. 25

Immer dann, wenn die Ausrichtung der Drahtspitze von der Längsrichtung des Blutstroms abweicht (Abb. 25) werden die reflektierten Ultraschallstrahlen abgelenkt, sodaß das Maximum des DOPPLER-Signals abgeschwächt und daher das Meßergebnis verfälscht wird. Für diese Ablenkung der Drahtspitze gibt es verschiedenen Ursachen, die teils in der Durchführung der Untersuchung, teilweise aber auch in der Anatomie des Gefäßes und der Stenose bedingt sind.

Koronarflußmessungen mittels der DOPPLER-Technik sind zwar verläßlich, aber störanfällig. Aus diesen Gründen verwendet man heute lieber eine andere Technik, die mit Hilfe gemessener Blutdrücke arbeitet.

Druckmessung

Abb. 26

Diese Untersuchungstechnik basiert auf der Tatsache, daß der Blutdruck in gesunden Herzkranzarterien in jedem Segment des Gefäßes gleich ist.

Am Anfang eines Gefäßes ist er also ebenso hoch wie im weiteren Verlauf und zwar unabhängig von der Länge des Gefäßes oder seinem Durchmesser.

In Abb. 26 sehen Sie den Blutdruck innerhalb einer Herzkranzarterie zu Beginn (rote Kurve) und sehr viel weiter entfernt in derselben Arterie (grüne Kurve).

Beide Kurven sind mehr oder weniger identisch. Dies ändert sich, wenn das Gefäß an einer bestimmten Stelle verengt ist.

Bei hochgradigen Verengungen muß der Druck aus physikalischen Gründen hinter der Verengung niedriger sein als vor ihr, bei nur geringen Einengungen sind beide Drücke wie im Normalfall mehr oder weniger identisch.

Man kann die Druckmessung also dazu benutzen, um zu entscheiden, ob eine Stenose den Blutfluß durch das Gefäß behindert oder nicht und dies unabhängig davon, wie diese Stenose bei der Darstellung des Gefässes in der Coronarographie aussieht, ein Beispiel werden Sie etwas später sehen.

Wenn man unter normalen Ruhe-Bedingungen keinen Druckunterschied vor und hinter einer Stenose messen kann bedeutet dies noch nicht, daß diese Verengung ohne Bedeutung für den Blutfluß wäre, denn entscheidend ist das Verhalten der Drücke unter maximal gesteigertem Blutfluß. Es kann nämlich sein, daß in Ruhe bei ungestörtem Blutfluß kein Druckunterschied gemessen werden kann, unter maximalem Blutfluß ein solcher Druckunterschied aber sehr wohl auftritt. Dies deckt sich mit den Beschwerden eines Patienten mit einer Verengung eines Herzkranzgefässes: In körperlicher Ruhe ist der Blutfluß nicht beeinträchtigt, daher hat der Patient in Ruhe auch keine Beschwerden. Bei körperlicher Anstrengung hingegen, wenn der Herzmuskel sehr viel Sauerstoff und damit sehr viel Blut benötigt, kann dieser erhöhte Blutbedarf nicht ausreichend bedient werden, sodaß der in Ruhe beschwerdefreie Patient unter Belastung Brustschmerzen (Angina pectoris) bekommt.

Dieses Verhalten macht man sich bei der Bestimmung der koronaren Flußreserve zu Nutzen:

Abb. 27

Man mißt den Blutdruck vor und hinter einer Verengung sowohl in Ruhe als auch unter maximaler Steigerung des Blutflusses. Man benutzt dazu dasselbe Medikament, daß oben schon bei der DOPPLER-Technik eingesetzt wurde, nämlich das Adenosin.

Adenosin erweitert die Herzkranzarterie. Diese medikamentös bewirkte Gefäßerweiterung wirkt in allen Abschnitten der Koronararterien gleichermaßen, sodaß es normalerweise zu einer deutlichen Zunahme des Blutflusses kommt. Bei einer Gefäßverengung geschieht jedoch folgendes: Der erkrankte Gefäßabschnitt kann auf das Adenosin nicht oder nur geringer mit einer Erweiterung reagieren, sodaß das Gefäß vor und hinter der Stenose, nicht aber in der Stenose selbst erweitert wird (Abb. 27).

Bei nur geringfügigen Stenosen ohne Behinderung des Blutflusses kann der gesteigerte Blutfluß den hinter der Verengung gelegenen Gefäßabschnitt wieder auffüllen, sodaß der hier gemessene Blutdruck ebenso wie der Druck vor der Stenose gleichermaßen zunimmt. Hat die Stenose aber ein Ausmaß, daß den Blutdurchfluß behindert, kann das erweiterte Gefäß hinter der Verengung nicht aufgefüllt werden, sodaß es hier zu einem Abfall des Blutdrucks kommt. Dieses Phänomen kann man messen:

Abb. 28

Man benutzt hierzu spezielle Gerätschaften, nämlich einen „Druckdraht“.

Ein solcher Druckdraht ist ein feiner Draht (Durchmesser 0.3 - 0.4 mm), der an seiner Spitze einen miniaturisierten elektronischen Drucksensor trägt.

Diesen Druckdrahtes schiebt man durch den Führungskatheter in das zu untersuchende Gefäß ein und plaziert die Drahtspitze unter Röntgen-Durchleuchtungssicht hinter der Verengung (Abb. 28).

Auf diese Weise kann man den Blutdruck innerhalb des Gefäßes hinter der Einengung messen. Über die Öffnung des Führungskatheters, der im Abgang der Koronararterie aus der Aorta liegt mißt man gleichzeitig den Blutdruck in der Aorta.

Abb. 29
Vor und hinter einer Verengung gemessener Druck nach Gabe von Adenosin

Dadurch erhält man gleichzeitig Blutdruckkurven aus den Gefäßabschnitten vor unter hinter einer Verengung, wie Sie sie in Abb. 26 gesehen haben.

Nun spritzt man das Adenosin in die Herzkranzarterie ein und kann wiederum beide Druckkurven aufzeichnen.

In Abb. 29 sehen Sie Beispiele für solche Messungen:

m oberen Teil der Abbildung sehen Sie den Befund bei einer leichten, im unteren Teil bei einer hochgradigen Verengung nach der Injektion des Adenosins.

In beiden Teilen der Abbildung ist die Druckkurve im vor der Stenose gelegenen Gefäßabschnitt in violett, im dahinter gelegenen Abschnitt in blau dargestellt. Sie sehen sofort, daß bei einer leichtgradigen Einengung ein nur geringer Unterschied der Drücke vor unter hinter der Stenose herrscht, während bei einer hochgradigen Stenose ein deutlicher Druckunterschied besteht. Um das Verhalten der Drücke genau zu beschreiben benutzt man eine Formel:

FFR = mittlerer Druck hinter Stenose / mittlerer Druck vor Stenose.

Die so ermittelten Werte teilt man folgendermaßen ein (Tab. 1)

  FFR
Gesundes Gefäß 1.0 (Druck vor und hinter Verengung ist gleich)
leichte Verengung 0.8 - 1.0 (Druck vor Verengung ist höher als dahinter)
mittelschwere Verengung 0.75 - 0.8
hochgradige Verengung <0.75

Diese Werte haben Auswirkungen auf die weitere Behandlung:

Bei Werten über 0.8 liegt keine bedeutsame Flußbehinderung durch die Stenose vor, d.h. daß in diesen Fällen eine Behandlung mittels Ballonerweiterung (PTCA) oder Stent-Implantation nicht von Nutzen ist, weil sich durch eine solche Behandlung an den Beschwerden des Patienten nicht verändern wird.

Bei Werten kleiner als 0.75 besteht eine Beeinträchtigung des Blutflusses um etwa 25% vor, was für eine bedeutsame Gefäßverengung spricht. In diesen Fällen kann der Patient durch eine Stent-Implantation oder gar eine Bypass-Operation durchaus profitieren.

Bei Werten zwischen 0.75 und 0.8 liegt eine sog. „grenzwertige“ Einengung vor und man kann sich, je nach Situation und auch Wunsch des Patienten entweder für eine Gefäßerweiterung (z.B. mittels Stent) oder eine medikamentöse Behandlung entscheiden.
Sie wissen nun, welche Zusatzuntersuchungen man bei den verschiedenen Herzkatheteruntersuchungen durchführen kann. Ich kann daher nun mit der Beschreibung der eigentlichen Katheteruntersuchungen beginnen.

Die einzelnen Herzkatheter

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die verschiedenen Untersuchungen zu unterscheiden. In diesem eBook möchte ich sie einteilen in Rechts- und Linksherzkatheteruntersuchung.

Entscheidend für diese Einteilung ist, ob man mit dem Katheter den rechten oder den linken Teil des Herzens und die aus den jeweilen Teilen entspringenden großen Schlagadern untersucht. Bei einer Linksherzkatheteruntersuchung werden linke Hauptkammer, sowie die Aorta untersucht, bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung rechte Vor- und Hauptkammer, Lungenschlagadern, sowie die in die rechte Vorkammer mündenden Hohlvenen (Abb. 30).

Abb. 30

Gesondert betrachtet werden die Untersuchung der Herzkranzgefäße (Coronarographie), die Einschwemm- und die transseptale Untersuchung. Für Einzelheiten klicken Sie in der nachfolgenden Aufstellung:

Herzkatheteruntersuchungen werden aus verschiedenen Gründen durchgeführt. Dabei ergibt sich die Art der Herzkatheteruntersuchung (Rechts-, Linksherzkatheteruntersuchung, Untersuchung der herznahen Aorta, Coronarographie) aus der Fragestellung, deretwegen die Untersuchung durchgeführt werden muß, also z.B.:

Es gibt noch andere Arten von Herzkatheteruntersuchungen (z.B. Myokardbiopsie, elektrophysiologische Untersuchung), die aber in separaten Kapiteln dieses eBooks behandelt werden.