Die Informationen auf dieser Seite finden Sie in Band 20 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.
Hier bekommen Sie die eBooks in verschiedenen Formaten:
Band 2:
Zu Band 1: Hier klicken
Viele der Herzfehler lassen sich in ihrer Entstehung verstehen, wenn man weiß, wie sich das Herz und der Kreislauf mit seinen Gefäßen im Mutterleib entwickeln, d.h. wenn man die „embryonale Herzentwicklung“ kennt.
Eine detaillierte Schilderung dieses sehr komplexen Vorgangs würde den Rahmen dieses eBooks sprengen. Wenn Sie sich dennoch dafür interessieren empfehle ich ein eBook, daß ich zu diesem Thema für Ärzte geschrieben habe und das Sie bekommen können, wenn Sie im Corobuch auf Band 26 und 27 klicken.
Wie gesagt, es ist kompliziert, aber für ein grundlegendes Verständnis wichtig.
In diesem Band 2 finden Sie Informationen über Herzfehler mit Shunt:
Nachfolgend finden Sie eine Leseprobe.
Defekte des Vorhofseptums (= atrial septal defect = ASD) gehören zu den häufigsten Fehlbildungen des Herzens, man geht von 7 - 17% aller angeborenen Vitien aus.
Es handelt sich um ein Loch im Vorhofseptum, d.i. der Trennwand zwischen dem rechten und dem linken Vorhof.
Um die verschiedenen Formen des Vorhofseptumdefektes zu verstehen schildere ich Ihnen zunächst die embryonale Entwicklung des Vorhofseptums:
Spezielles Herzgewebe entsteht schon am 18. oder 19. Tag der Entstehung eines Menschen.
Während der kommenden Wochen entwickelt sich dieses zunächst primitive Herz immer weiter. Die Trennwand zwischen den beiden Vorkammern, das Vorhofseptum entwickelt sich in der 4. Woche (27. - 45. Tag) gleichzeitig mit der Entstehung des Kammerseptums und der Aufteilung der großen gemeinsamen Schlagader (Truncus arteriosus) in Aorta und Lungenarterie. Seine Entwicklung ist am Ende der 5. Woche abgeschlossen.
Der Vorgang beginnt während der Entwicklung der Herzschleife, ich habe dies in der Einleitung dieses eBooks bereits kurz geschildert.
In dieser Zeit wandert der primitive Vorhof nach oben, wobei er zunächst nur aus 1 Höhle besteht.
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Abb. 78 |
Durch die Formveränderungen der Herzschleife kommt es am nach hinten gelegenen Dach dieser gemeinsamen primitiven Vorhofhöhle außen zu einer Eindellung, an deren Innenseite sich eine Gewebeleiste entwickelt (Abb. 78 links).
An dieser Stelle beginnt die Teilung der Vorhöfe.
Die Gewebsleiste wächst im Verlauf nach unten und nach vorne in Richtung auf das Gewebe zwischen den Vorhöfen und den Kammern (= Endokardkissen) zu (aus den Endokardkissen entwickeln sich im Verlauf die Herzklappen). Dadurch entsteht das Septum primum.
Die Lücke unterhalb seines freien Randes bis zu den Endokardkissen bezeichnet man als Ostium primum (Abb. 78, 3. Bild von links).
Indem das Septum primum immer weiter auf die Endokardkissen zu wächst verkleinert sich das Ostium primum zunehmend, bis nur noch eine kleine Öffnung verbleibt.
Bevor das Septum primum die Endokardkissen erreicht hat, schließlich mit ihnen verwächst und hierdurch auch das Ostium primum verschwindet entstehen im oberen Teil des Septums kleine Perforationen, die sich vereinigen und damit das Ostium secundum bilden (Abb. 78 3. Bild von links).
Auf der hinteren Wand des rechten Vorhofes bildet sich nun ein weiterer Wulst aus. Auch aus diesem Wulst wächst eine dünne Wand auf der rechten Seite des Septum primum:
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Abb. 79 |
Das Septum secundum (Abb. 79 B).
Es wächst so weit, daß es das Ostium secundum bedeckt (Abb. 79 C).
Der nach unten weisender freier Rand des Septums bildet das Foramen ovale (Abb. 79 D).
Es liegt nicht genau über dem Ostium secundum und funktioniert wie ein Ventil:
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Abb. 80 |
RA = rechter Vorhof, LA = linker Vorhof |
Wenn der Druck im rechten Vorhof höher ist als derjenige im linken kann das Blut aus dem rechten Vorhof das Septum primum „wegdrücken“, sodaß es durch das Ostium secundum fließt (Abb. 80 B).
Steigt der Druck im linken Vorhof jedoch mit den 1. Atemzügen nach der Geburt an drückt das Septum primum gegen das Septum secundum und verhindert damit den Übertritt des Blutes vom linken in den rechten Vorhof (Abb. 80 C).
In den Wochen und Monaten nach der Geburt verschmelzen beide Septen miteinander zu einem einheitlichen und soliden Vorhofseptum.
Störungen in dieser Entwicklung des Vorhofseptums sind Ursache verschiedener angeborener Herzfehler:
Grundsätzlich gibt es 2 weitere Formen des Vorhofseptumdefektes, nämlich den Sinus-venosus- und den Coronarsinus-Defekt, auf die ich an dieser Stelle aber nicht eingehen möchte.
Eine häufig den Vorhofseptumdefekt begleitende Mißbildung ist die Fehlmündung einer oder mehrerer Lungenvenen in den rechten Vorhof (Lungenvenen münden üblicherweise in den linken Vorhof). Überwiegend sind die Venen der rechten Lunge betroffen.
Es sind meistens genetische Defekte, die zum Entstehung eines Vorhofseptumdefektes führen. Dafür spricht, daß der Vorhofseptumdefekt als isolierte und einzige angeborene Erkrankung, oft aber mit anderen Erkrankungen kombiniert auftritt (z.B. DOWN-, TURNER- oder NOONAN-Syndrom).
Auch eine Röteln-Erkrankung oder der Konsum von Kokain und Alkohol durch die Mutter kann mit einem Vorhofseptumdefekt des Kindes verbunden sein.
Und schließlich gibt es andere angeborene Herzfehler, die so schwerwiegend sind, daß ein Vorhofseptumdefekt überlebenswichtig ist, weil er eine Verbindung zwischen dem großen und dem kleinen Kreislauf darstellt. In solchen Fällen muß der Kinderkardiologe den Vorhofseptumdefekt unmittelbar nach der Geburt sogar künstlich herstellen, damit das Kind bis zu einer definitiven späteren Korrektur-Operation überleben kann.
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Abb. 81 |
Während des Lebens im Mutterleib fließt zunächst Blut vom rechten in den linken Vorhof, wie es auch die Aufgabe des Vorhofseptumdefektes ist.
Mit dem 1. Atemzug kehrt sich dieser Fluß jedoch um und es kommt zu einem Links-Rechts-Shunt auf Vorhofebene (Abb. 81).
Auch fehlmündenden Lungenvenen führen zu einer Vergrößerung des Links-Rechts-Shunts, weil sie das mit Sauerstoff aufgeladene Blut aus den Lungen wieder in den rechten Vorhof leiten.
Ursache dafür ist der im rechten Ventrikel geringere Füllungswiderstand im Vergleich zum linken Ventrikel. Dadurch hat es das Blut leicht, aus dem rechten Vorhof in den rechten Ventrikel zu fließen und der Druck im rechten Vorhof ist geringer als derjenige im linken Vorhof.
Wie beim offenen Ductus arteriosus auch führt der Links-Rechts-Shunt zu einer vermehrten Volumenbelastung des rechten Ventrikels. Dies können der rechte Ventrikel und die Lungengefäße zunächst ohne wesentliche Probleme bewältigen.
Im Laufe der Zeit kommt es durch diesen vermehrten Blutfluß durch die Lungen aber zu Umbauvorgänge an den Lungengefäßen. Ebenso wie beim offenen Ductus arteriosus verengen sie sich, um die vermehrte Durchströmung in der Art eines Selbstschutzmechanismus zu vermindern.
Auf Dauer werden die Lungengefäße aber umgebaut, indem sie sich verhärten und weiter zunehmend verengen.
Die Folge ist, daß nun der Blutdruck in der Lungenschlagader ansteigt und eine Lungenhochdruck-Krankheit entsteht. Es kommt für den rechten Ventrikel dadurch zusätzlich zu seiner Volumen- auch noch eine Druckbelastung hinzu. Der Herzmuskel der rechten Kammer verdickt sich und wird aufgrund dessen zunehmend unelastisch.
Dies wiederum führt zu einer Zunahme des Füllungsdrucks des rechten Ventrikels und auch des rechten Vorhofes.
Wenn der Druck im rechten Vorhof ansteigt vermindert dies die Menge des vom linken in den rechten Vorhof übertretenden Blutes, die Größe des Shunts nimmt ab und schließlich kommt es zur Shuntumkehr, bei der aus dem Links-Rechts- nun ein Rechts-Links-Shunt wird.
Im Gegensatz zu den „wahren“ Vorhofseptumdefekten hat ein offenes Foramen ovale keine Auswirkungen, denn das Ventil des Septum primum und secundum verhindert einen Blutübertritt vom linken in den rechten Vorhof zuverlässig. Dennoch kann ein offenes Foramen ovale Probleme verursachen, nämlich beim Tauchen:
Beim Tauchen mit Pressluft als Atemgas lagert sich wegen des auf den Körper einwirkenden Wasserdrucks zunehmend Stickstoff im Blut ein. Dabei ist der Stickstoff im Blut frei gelöst. Der Umfang dieser Einlagerung ist abhängig von der Tauchtiefe und der Dauer des Tauchgangs.
Wird der auf den Körper einwirkende Druck beim Auftauchen wieder gesenkt, laufen diese Vorgänge in umgekehrter Reihenfolge ab, d.h. das Blut, das den Stickstoff schnell eingelagert hat, gibt ihn nun auch schnell wieder ab.
Erfolgt die Änderung des Wasserdrucks während des Auftauchens schnell und plötzlich, wird die Löslichkeit von Stickstoff im Blut schlagartig reduziert. Dadurch kommt es zur Bildung von Gasblasen im Blut.
Taucht man nicht so tief entstehen „Mikrobläschen“, ist man jedoch tief getaucht werden die Gasblasen größer. Solche größeren Gasblasen können im Gewebe, in die sich der Stickstoff ja ebenfalls einlagert, direkten Schäden verursachen (Taucherkrankheit).
Entstehen freie Gasblasen in den großen Körpervenen und im rechten Teil des Herzens verursacht diese nun im Blut freiwerden Blasen keine größeren Probleme, denn die Blasen gelangen mit dem Blutstrom in die Lunge, wo das Gas ausgeatmet wird.
Bei einem offenen Foramen ovale kann es aber Probleme geben, denn unter bestimmten Umständen können die Blasen durch das Foramen vom rechten in den linken Vorhof gelangen. Hier geraten sie in den arteriellen Blutstrom, wodurch sie (nach dem Zufallsprinzip oder dem Prinzip des russischen Rouletts) in alle möglichen Organe gelangen und hier durch den Verschluß der Gefäße Organschäden verursachen.
Landen solche größeren Gasblasen z.B. im Gehirn kann es zum Schlaganfall kommen. Die „bestimmten Umstände“, bei denen eine Passage durch das offene Foramen ovale vom rechten in den linken Vorhof gelangt werden durch Anstiege des Drucks im rechten Vorhof bewirkt, denn nun ist der Druck hier größer als im linken Vorhof und das Ventil der beiden Vorhofseptumsanteile läßt nun Blut passieren.
Solche akuten Druckanstiege im rechten Herzen werden beim Tauchen recht häufig provoziert, z. B. beim Husten durch Wasser im Lungenautomat oder im Rahmen eines Atemmanövers (VALSALVA-Manöver) zum Druckausgleich im Mittelohr.
Auch nach dem Tauchen, z. B. beim Heben und Tragen der Ausrüstung, kann es durch eine Pressatmung ebenfalls zu einem höheren Druck im rechten Herzen und in Folge zur Ausbildung eines Rechts-Links-Shunts kommen.
Daher ist es bei Menschen, die Tauchen möchten notwendig, zunächst danach zu suchen, ob ein offenes Foramen ovale vorliegt (siehe Echokardiographie).
Ein offenes Foramen ovale verursacht keine Beschwerden.
Das klinische Bild des isolierten Vorhofseptumdefektes ist in Abhängigkeit von der Größe des Links-Rechts-Shunts sehr unterschiedlich, meistens verursachen kleine Defekte (<5 mm Durchmesser) keinerlei Beschwerden.
Symptome treten in der Regel erst bei einem Durchmesser des Defektes von 5 - 10 mm im späteren Kindesalter, bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen auf. Ostium-secundum-Defekte werden daher oftmals erst im Alter von 20 - 30 Jahren entdeckt.
Ostium-primum-Defekte werden in der Regel schon in den ersten Lebensjahren entdeckt, weil sie infolge der begleitenden Undichtigkeit der Mitralklappe ein deutliches Herzgeräusch verursachen.
Die meisten Patienten mit Vorhofseptumdefekten werden im Rahmen von Routineuntersuchungen entdeckt, wenn bei der Auskultation des Herzens ein Geräusch auffällt. Selbst bei symptomatischen Kindern können die klinischen Zeichen geringfügig oder unspezifisch sein.
Einige Kinder mit Vorhofseptumdefekten nehmen verzögert an Gewicht zu, wachsen aber normal. Sie bleiben bei funktionell bedeutenden Defektbildungen eher grazil.
Treten Beschwerden auf, so handelt es sich in erster Linie um Luftnot, die sich anfangs bei körperlicher Belastung, später schon in Ruhe bemerkbar macht. Auch Brustschmerzen und die Neigung zum schnellen Herzschlag sind möglich. Solche Symptome zeigen in der Regel einen hämodynamisch bedeutsamen Defekt an.
Bei Kindern fällt dabei oft auf, daß sie im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kindern vermindert körperlich belastbar sind, während Erwachsene meistens über Dyspnoe (= Luftnot) klagen.
Blausucht gehört nicht zum Bild eines unkomplizierten Vorhofseptumdefektes, bei dem die Shuntrichtung ausschließlich von links nach rechts gerichtet ist. Dennoch können auch Patienten mit Links-Rechts-Shunt vorübergehend blaue Lippen bekommen, z.B. beim Luftanhalten oder Weinen, weil hierdurch vorübergehend ein Rechts-Links-Shunt auftritt.
Eine dauerhafte Blausucht tritt erst in den Spätstadien der Erkrankung auf. Hierbei handelt es sich um ein ungünstiges Zeichen, das auf eine Druckerhöhung im Lungenkreislauf und damit auf eine Shuntumkehr schließen läßt.
Neben Luftnot führt bei Erwachsenen insbesondere das Auftreten von Herzrhythmusstörungen zur Diagnose.
Einige Kinder mit sehr großen Vorhofseptumdefekten fallen mit den Symptomen einer Herzschwäche auf insbesondere dann, wenn zusätzliche Fehlbildungen wie ein Ductus arteriosus oder Lungenerkrankungen vorliegen.
Säuglinge und Kinder fallen oft durch eine vermehrte Neigung zu Infekten der oberen Luftwege (Bronchitis) auf.
(siehe auch eBook über die körperliche Untersuchung)
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Abb. 82 |
Ein offenes Foramen ovale kann durch körperliche Untersuchungen nicht festgestellt werden.
Viele Kinder mit Vorhofseptumdefekten erscheinen auf den ersten Blick auch völlig gesund.
Beim unkomplizierten Vorhofseptumdefekt mit dem üblichen Links-Rechts-Shunt fehlt eine Blauverfärbung der Haut. Diese Blausucht, die man zuerst und am besten an den Lippen sehen kann (Abb. 82), tritt erst dann auf, wenn es zu einer Shuntumkehr mit Rechts-Links-Shunt gekommen ist.
Ein offenes Foramen ovale verursacht keinerlei Herzgeräusche. Vorhofseptumdefekte hingegen verursachen Herzgeräusche.
Geräusch 4 |
Man kann davon ausgehen, daß alle Defekte, die ein Geräusch oder gar Symptome verursachen mittelgroß bis groß sind.
Das Herzgeräusch (Geräusch 4) ist charakteristisch:
Bei einem Ostium secundum-Defekt besteht ausschließlich ein Kurzschluß durch das Loch in der Scheidewand der Vorhöfe. Dieser Kurzschluß verursacht ein systolisches Geräusch, das man am besten am oberen Brustkorb links vom Brustbein und knapp unterhalb des Schlüsselbeins hören kann.
Geräusch 5 |
Ein weiterer typischer Geräuschbefund betrifft den 2. Herzton:
Normalerweise sind der 1. und der 2. Herzton einzelne Töne, wenn man das Herz in tiefer Ausatmung abhorcht. Horcht man bei tiefer Ausatmung ab hört man den 2. Herzton (fast) als einzelnen Ton.
Horcht man aber bei tiefer Einatmung dann hört man zum Zeitpunkt des 2. Herztons 2 Töne (Geräusch 5).
Dies hat etwas damit zu tun, daß bei tiefer Einatmung mehr Blut durch das rechte Herz in die Lungen strömt, die Pumpzeit des rechten Ventrikels dadurch verlängert wird und sich die Pulmonalklappe am Ausgang des rechten Ventrikels verzögert und erst nach der Aortenklappe am Ausgang des linken Ventrikels schließt. Dadurch entsteht die „Spaltung“ des 2. Herztons.
Sie ist bei herzgesunden Menschen bei der Einatmung normal.
Geräusch 6 |
Spaltung des 2. Herztons Es handelt sich um dasselbe Geräusch wie Geräusch 4 |
Bei Vorhofseptumdefekt hört man ebenfalls einen gespaltenen 2. Herzton. Hier ist die Spaltung aber nicht mehr von der Ein- oder Ausatmung abhängig, sondern sie gesteht in allen Atmungsphasen. Daher bezeichnet man sie auch als „atemfixierte Spaltung (Geräusch 6) und dieser Geräuschbefund ist typisch für den Vorhofseptumdefekt.
Geräusch 7 |
Bei einem Ostium primum-Defekt besteht neben dem Loch im Vorhofseptum auch eine Fehlbildung der Mitral- bzw. Tricuspidalklappe.
Hierdurch entstehen Undichtigkeiten (= Insuffizienzen) dieser Klappen, die ebenfalls ein Geräusch verursachen.
In Geräusch 7 sehen Sie ein solches Geräusch.
Man hört den gespaltenen 2. Herzton ebenso wie bei Ostium secundum-Defekt. Das systolische Geräusch des Vorhofseptumdefektes wird hier aber überdeckt durch das laute Geräusch der undichten Mitralklappe.
Siehe auch spezielles eBook.
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Abb. 83 |
Das EKG bei Menschen mit offenem Foramen ovale ist völlig normal.
Zusammen mit dem typischen Geräusch und den Befunden der Echo-Untersuchung und des Röntgenbildes ist das EKG so charakteristisch, daß die Diagnose eines Vorhofseptumdefektes sehr wahrscheinlich ist. Bei einem Ostium secundum-Defekt zeigt es den Befund eines „inkompletten Rechtsschenkelblock“ (siehe spezielles eBook über das EKG) (Abb. 83).
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Abb. 84 |
Auch beim Ostium primum-Defekt sieht man diesen inkompletten Rechtsschenkelblock. Hier kommt allerdings noch eine Besonderheit hinzu, nämlich ein spezieller Lagetyp des EKG.
Ich möchte auf den Begriff des „Lagetyps“ nicht genauer eingehen, denn dies würde einen tiefen Einstieg in die EKG-Thematik bedeuten, für das dieses eBook nicht geschaffen wurde.
Im EKG eines Ostium primum-Defektes sieht man (neben dem in kompletten Rechtsschenkelblock) auf überwiegend negative QRS-Komplexe in den Ableitungen II und III (Abb. 84), was bedeutet, daß ein sog. „überdrehter Linkstyp“ vorliegt.
Bei allen Formen der Vorhofseptumdefekte besteht meistens Sinusrhythmus. eine Blockierung der Erregungsleitung im av-Knoten (av-Block 1. Grades) kommt hauptsächlich bei den größeren Defekten vor.
Mit zunehmender Schädigung des rechten Ventrikels, vor allem bei seiner zusätzlichen Druckbelastung infolge einer Schädigung des Herzmuskels sieht man in den Brustwandableitungen V1 - V3 unterschiedlich tiefe Senkungen der T-Welle als Ausdruck der Muskelschädigung.
Vorhofflimmern ist selten bei jugendlichen Patienten, wird aber mit zunehmendem Alter häufiger und tritt ab dem 50. Lebensjahr in der Hälfte aller Fälle auf.
Siehe auch spezielles eBook über Röntgenuntersuchungen.
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Abb. 85 |
Auch für Röntgenuntersuchungen gilt, daß Patienten mit offenem Foramen ovale ein völlig normales Röntgenbild haben.
Röntgenaufnahmen werden bei Patienten mit vermutetem Vorhofseptumdefekt nicht routinemäßig durchgeführt. Wird dennoch eine Röntgenaufnahme angefertigt sind Herzgröße und Darstellung der Lungengefäße bei kleinen Defekten normal.
Bei einem größeren Ostium secundum-Defekt zeigt das Röntgenbild (Abb. 85) in Abhängigkeit von der Shuntgröße eine Verbreiterung des Herzens.
Besonders kennzeichnend ist die vergrößerte Vorwölbung der Pulmonalarterie an der linken oberen Kontur des Herzens (=„Pulmonalisknopf“) und die Erweiterung der zentralen Lungengefäße.
Fehlmündende Lungenvenen sind im Röntgenbild nicht zu erkennen.
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Abb. 86 |
Bei Patienten mit Ostium-primum-Defekt ohne bedeutsame Mitralinsuffizienz sieht man, ebenso wie beim Ostium secundum-Defekt in Abhängigkeit von der Größe des Links-Rechts-Shunts die Vergrößerung des Herzens und die vergrößerten zentralen Lungengefäße.
Bei Patienten mit bedeutsamer Undichtigkeit der Mitralklappe kommt es, abhängig vom Ausmaß der Undichtigkeit, auch zu einer teilweise erheblichen Vergrößerung des linken Herzens und Zeichen der Blutstauung in den Lungen.
Und wenn es dann schließlich zur Schädigung der Lungengefäße mit erhöhtem Blutdruck in diesen Gefäßen kommt sieht man neben einer deutlichen Vergrößerung der Vorwölbung der Lungenarterie extrem erweiterte zentrale Lungengefäße und im Gegensatz dazu deutlich verminderte Lungengefäße in den Außenbereichen der Lungen (Abb. 86).
Dieses Phänomen nennt man „periphere Gefäßrarifizierung“.
Siehe auch spezielles eBook über Ultraschalluntersuchungen.
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Abb. 87 |
RA = rechte Vorkammer, LA = linke Vorkammer |
Dies ist eine der wichtigsten Untersuchungen beim Vorhofseptumdefekt. Der Arzt kann hier erkennen, wie stark rechte Vor- und evtl. Hauptkammer bereits vergrößert sind.
Film 3 |
Vorhofseptumdefekt im Farbdoppler Der Fluß durch den Defekt wird mit einem Pfeil angezeigt |
Ostium secundum-Defekt: Das Loch im Vorhofseptum kann man oft nicht sehen wie in Abb. 87, der Arzt kann aber mit der sog. Farbdoppler-Echo-Technik das Blut sehen, das durch das Loch von der linken in die rechten Vorkammer fließt und er kann sehen, daß der rechte Teil des Herzens stärker mit Blut durchströmt wird als der linke (Film 3).
Große Septumdefekte können schon mit einer einfachen Echokardiographie eindeutig erkannt werden, bei kleinen Defekten ist das aber oftmals schwierig, besonders wenn sich mit zunehmendem Lebensalter (bei Erwachsenen) die Untersuchungsbedingungen oft verschlechtern.
In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Ultraschalluntersuchung von der Speiseröhre aus (= „Schluck- Echo“ = transösophageales Echo) (Abb. 88) durchzuführen.
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Abb. 88 | Abb. 89 |
Vorhofseptumdefekt (ASD) im Schluck-Echo LA = linke, RA = rechte Vorkammer |
Vorhofseptumdefekt im Schluck-Echo mit Farbdoppler |
Hier sieht man auch meistens das Loch in der Vorhoftscheidewand eindeutig und kann mit der Farb-Doppler-Technik (Abb. 89) eindeutig das durch dieses Loch fließende Blut sehen.
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Abb. 90 |
Vorhofseptumdefekt im Kontrast-Echo (beim Pudel) Beachten Sie die feinen weißen Punkte (= Kontrastmittel), die an der mit dem Pfeil markierten Stelle von der rechten in die linke Vorkammer (LA) übertreten |
Manchmal kann es notwendig sein, eine kleine Menge speziellen Echo- Kontrastmittels in eine Vene des Armes einzuspritzen, um zu beobachten, wie dieses Kontrastmittel durch das Loch im Vorhofseptum auf die „falsche Seite“ des Septums gelangt (Abb. 90) oder wie es durch das von der „falschen Seite“ zuströmende Blut verdünnt wird. (Sie sehen in Abb. 90 zwar eine Untersuchung an einem Pudel, sehen aber auch sofort, daß auch ein Hund nur ein Mensch ist.)
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Abb. 91 |
Spaltbildung im vorderen Mitralsegel (Pfeil) |
Beim Ostium primum-Defekt besteht, wie Sie ja nun wissen, nicht nur ein Defekt im Vorhofseptum, sondern hier gibt es zusätzlich auch noch einen Defekt an der Mitral- und/oder der Tricuspidalklappe. An der Mitralklappe ist aufgrund einer Entwicklungsstörung der Endokardkissen das vordere Mitralsegel gespalten (Abb. 91).
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Abb. 92 |
Undichtigkeit der Mitralklappe beim Ostium primum-Defekt RV = rechter Ventrikel, LV = linker Ventrikel, LA = linker Vorhof |
Diese Spaltbildung führt nahezu immer zu einer Undichtigkeit der Mitralklappe, die unterschiedlich schwer sein kann.
Man kann die Undichtigkeit beim Abhorchen des Herzens hören (siehe Geräusch 7), man kann sie aber auch im Farb-DOPPLER-Echo sehen (Abb. 92).
In Abb. 92 erkennen Sie die Undichtigkeit der Mitralklappe an der Farbfackel, die an der Mitralklappe beginnt und von hier aus weit in den linken Vorhof zieht. Je schwerwiegender diese Undichtigkeit ist desto größer wird der linke Vorhof (siehe „Mitralinsuffizienz“ im eBook über die Herzklappenfehler).
Fehlmündende Lungenvenen sind in Echo-Untersuchungen nicht zu erkennen.
Beim offenen Foramen ovale zeigt das Echo unter „normalen“ Untersuchungsbedingungen keinerlei Auffälligkeiten. Erst wenn man versucht, einen Rechts-Links-Shunt zu provozieren wird das Foramen sehen.
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Abb. 93 |
RV = rechter Ventrikel, RA = rechter Vorhof, LV = linker Ventrikel, LA = linker Vorhof „Bubbles“ = Kontrastmittel |
Als Provokation benutzt man die Preßatmung (= VALSALVA-Manöver). Auch unter dieser Provokation kann man das Foramen im „normalen“ Echo nicht sehen und auch mit dem Farb-DOPPLER gelingt es bei Erwachsenen nur selten, den Blutfluß durch das Foramen darzustellen. Dies gelingt erst dann, wenn man ein Kontrast-Echo durchführt.
Man kann in solchen Untersuchungen sehen, wie das Kontrastmittel (entweder mit etwas Luft geschüttelte Kochsalzlösung oder spezielles Echo-Kontrastmittel) in den Höhlen des linken Herzens (linker Vorhof oder linker Ventrikel) auftritt (Abb. 93).
Hier sieht man das Auftauchen der für das Kontrastmittel typischen „Bubbles“ nicht nur im rechten Herzen, sondern auch im linken Vorhof und Ventrikel.
Vor allem bei Erwachsenen, manchmal aber auch schon bei älteren Jugendlichen ist die Echo-Qualität eingeschränkt und man kann das Vorhofseptum mit dem offenen Foramen ovale, den linken Vorhof und den linken Ventrikel und damit das Auftreten von Bubbles nicht gut erkennen. In solchen Fällen führt man keine Ultraschalluntersuchung von außen, sondern ein Schluck-Echo (oder: Transösophageales Echo) über die Speiseröhre durch.
Dem Vorteil dieser Methode, nämlich die gute Darstellbarkeit des Vorhofseptums, steht allerdings entgegen, daß die Untersuchung unangenehm ist, weil ein dicker Schlauch geschluckt werden muß.
Siehe auch spezielles eBook über KardioCT-Untersuchungen.
Diese Technik spielt bei der Untersuchung von Vorhofseptumdefekten keine Rolle.
Siehe auch spezielles eBook über MRT-Untersuchungen.
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Abb. 94 |
Vorhofseptumdefekt im MRT LA = linke Vorkammer, LV = links Hauptkammer, RA = rechte Vorkammer, RV = rechte Hauptkammer, ASD = Vorhofseptumdefekt |
Film 4 |
Mit dieser Technik, die ohne Röntgenstrahlen durchgeführt wird, kann man ebenso wie im Echo den Defekt (Abb. 94) und man kann die evtl. Vergrößerung der rechten Vor- und Hauptkammer erkennen. Im MRT kann man auch das Blut sehen, das durch den Defekt fließt, wenngleich dies in der Regel weniger eindrucksvoll wie im Farb-DOPPLER-Echo erscheint (Film 4) und das Shunt-Blut nur als schwache, flaue schwarze Wolke zu sehen ist.
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Abb. 95 |
Man kann aber mit verschiedenen technischen Möglichkeiten die Menge des durch den Defekt fließenden Blutes messen. Fehlmündende Lungenvenen kann man mit dem MRT nachweisen (Abb. 95), man kann die Anatomie des Defektes (Ostium primum- bzw. -secundum-Defekt) erkennen und, wenn die Mitral- oder Tricuspidalklappe bei einem Ostium primum-Defekt betroffen ist, auch den Blutstrahl durch die undichte Klappe sehen.
Im Vergleich zu einer Echo-Untersuchung stellt das MRT, obwohl es die Anatomie des Defektes sehr eindrucksvoll zeigen kann, keine wesentliche Bereicherung dar, denn es zeigt dasselbe, wie die Ultraschalluntersuchung. Bei kleinen Kindern ist die Untersuchung zudem nur schwer durchführbar, denn das Kind muß für etwa 30 – 45 Minuten ganz still und ruhig in der mächtigen Röhre des Untersuchungsgeräte liegen, was kleinen Kindern oft schwer fällt.
Das MRT spielt vor allem dann eine Rolle, wenn komplizierte angeborene Herzfehler vorliegen, die sich mit einer Echokardiographie alleine nicht ausreichend klären lassen.
Siehe auch spezielles eBook über Herzkatheter-Untersuchungen.
Bei Kindern mit Vorhofseptumdefekten sind Herzkatheteruntersuchungen selten notwendig, um die Diagnose zu stellen. Dennoch müssen sie durchgeführt werden, um
Diese wichtige Frage klärt man, indem man bestimmte Medikamente in die Lungenarterie einspritzt, die die Eigenschaft haben, Gefäße erweitern zu können. Sinkt der Blutdruck in der Lungenschlagader nach der Injektion dieser Medikamente ab weiß man, daß es sich nicht um eine dauerhafte Druckerhöhung handelt und spricht von einer „reversiblen“ Druckerhöhung.
Grundsätzlich wird eine Rechtsherz-Katheteruntersuchung über eine Vene am Arm oder in der Leistenbeuge durchgeführt.
Wie schon bei den anderen besprochenen Herzfehlern geht es bei der Katheteruntersuchung um die Durchquerung des Defektes, um eine Druckmessung, um die Oxymetrie mit Bestimmung des Sauerstoffgehaltes in verschiedenen Herzhöhlen und Gefäßen und um eine Angiographie mit einer Injektion von Kontrastmittel.
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Abb. 96 | Abb. 97 | |
Lage des Herzkatheters bei Vorhofseptumdefekt Vorgehen von der Leistenvene aus. Katheter verläuft aus unterer Hohlvene in rechten Vorhof, passiert das Vorhofseptum und den linken Vorhof Katheter der besseren Übersicht halber grün markiert |
Lage des Herzkatheters bei Vorhofseptumdefekt |
Wenn man einen Vorhofseptumdefekt vom Ostium secundum-Typ vermutet geht man am besten von der Leistenvene aus vor.
Hier kann die Katheterspitze von der unteren Hohlvene aus direkt auf den oberen und mittleren Teil des Vorhofseptums ausgerichtet werden, was die Passage des Septumdefektes einfach macht (Abb. 96).
Abb. 98 |
Katheterspitze liegt in einer Lungenvene, die an der Einmündung der oberen Hohlvene in den rechten Vorhof mündet. |
Vermutet man nach den Voruntersuchungen einen Ostium primum-Defekt, der sich im unteren Teil des Septums befinden wählt man als Zugang des Katheters am besten eine Vene des linken Armes, denn die Passage des Defektes ist über diesen Weg am einfachsten (Abb. 97).
Das Vorgehen klingt so, wie es beschrieben habe, recht einfach. In Wahrheit ist es oft sehr schwierig und erfordert einen sehr erfahrenen Katheter-Arzt.
Wenn man mit dem Katheter vom rechten in den linken Vorhof gelangt ist besagt dies noch nicht, um welchen Vorhofseptum-Defekt (offenes Foramen ovale, Ostium primum- oder -secundum-Defekt) es sich handelt. Hierzu ist vor allem die Oxymetrie (siehe unten) wichtig, denn nur mit ihrer Hilfe kann man sehen, ob auch eine Blutdurchmischung stattfindet:
Ostium primum- und Ostium secundum-Defekt führen wegen des bei diesen Fehlern vorliegenden Shunts immer zu einer nachweisbaren Durchmischung, was bei einem offenen Foramen ovale nicht der Fall ist.
Fehlmündende Lungenvenen lassen sich erkennen, wenn man die Wand des rechten Vorhofes mit dem Katheter „abtastet“ und wenn man dabei mit der Katheterspitze das Innere des Vorhofes in Richtung auf die Lunge verläßt (Abb. 98).
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Abb. 99 |
rot = Druckkurve im linken Vorhof, grün = Druckkurve im rechten Vorhof |
Die Messung der Blutdrücke in rechtem und linkem Vorhof liefert für die Diagnose eines Vorhofseptumdefektes und seine Bedeutung wichtige Befunde.
Für die Beurteilung der Größe und damit der Bedeutung des Defektes zieht man den Katheter aus dem linken in den rechten Vorhof zurück und zeichnet dabei den Verlauf der Druckkurve auf. Man beurteilt diese Kurve nach der Höhe der einzelnen Wellen und ihrem Aussehen (Abb. 99).
Sie sehen in Abb. 99 die simultan aufgezeichneten Drücke im rechten und linken Vorhof bei einem herzgesunden Menschen.
Vergleichen Sie Höhe und Form der Druckkurve im linken (rote Kurve) und im rechten (grüne Kurve) Vorhof. Achten Sie dabei auf die Höhe der a-Welle im Vergleich zur v-Welle jeweils im rechten und linken Vorhof (auf die Ursache dieser Kurvenverläufe möchte ich im Zusammenhang mit diesem eBook nicht genauer eingehen).
Sie sehen, daß a- und v-Welle im linken Vorhof (rote Kurve) mehr oder weniger gleich hoch sind, daß die a-Welle im rechten Vorhof (grüne Kurve) aber deutlich niedriger ist als im linken. Diesen Unterschied nutzt man bei der Beurteilung der Druckkurven beim Vorhofseptumdefekt aus, denn wenn man eine Rückzugskurve vom linken in den rechten Vorhof aufzeichnet kann man beide Druckkurven gut miteinander vergleichen: Je größer das Loch im Vorhofseptum ist desto mehr gleichen sich die Druckkurven in beiden Vorhöfen an.
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Abb. 100 |
LA = linker Vorhof, RA = rechter Vorhof |
In Abb. 100 sehen Sie eine solche Rückzugs-Druckkurve aus dem linken in den rechten Vorhof.
Unter normalen Bedingungen ist die a-Welle im linken Vorhof etwa gleich hoch wie die v-Welle. In Abb. 100 ist dies jedoch umgekehrt, in dem sie im linken Vorhof deutlich höher als die v-Welle ist. Der Defekt im Vorhofseptum ist in diesem Fall sehr groß, sodaß die Höhe der a-Welle im rechten Vorhof derjenigen im linken Vorhof entspricht. Die Druckkurven sind nicht vollkommen identisch, was nur einem fehlenden Vorhofseptum der Fall wäre, aber sie ähneln sich sehr. In diesen Fällen spricht man von einem „druckangleichenden“ Defekt.
Die Höhe der v-Welle im linken Vorhof ist in diesem Fall auf eine Undichtigkeit der Mitralklappe zu beziehen, denn diese Druckkurve wurde bei einem Kind mit einem Ostium primum-Defekt aufgezeichnet (Mehr zu Druckkurven bei Klappenfehler finden Sie im eBook über die Herzklappenfehler).
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Abb. 101 |
LA = linker Vorhof, RA = rechter Vorhof |
Bei einem kleinen Defekt (Abb. 101) unterscheiden sich hingegen die Druckkurven in beiden Vorhöfen deutlich voneinander:
Die normale Form der Vorhofdruckkurve im linken Vorhof zeigt, daß keine bedeutsame Undichtigkeit der Mitralklappe vorliegt; die Druckkurve wurde bei einem Patienten mit Ostium secundum-Defekt registriert:
Im linken Vorhof sind a- und v-Welle (wie im Normalfall) in etwa gleich hoch. Die a-Welle im rechten Vorhof ist zwar größer als die v-Welle (normalerweise ist sie etwas niedriger), jedoch unterscheiden sich die beiden Kurven hinsichtlich ihres Druckniveaus deutlich voneinander. In diesen Fällen spricht man von einem „drucktrennenden“ Defekt.
Mit diesem Druckverhalten kann man nicht bestimmen, wieviel Blut durch den Defekt fließt, d.h. wie groß das Shuntvolumen ist.
Die Größe des Shuntvolumens benötigt man aber für die Frage, ob die Notwendigkeit besteht, den Defekt zu verschließen. Wenn man einen drucktrennenden Defekt feststellt weiß man aber, daß es sich um einen kleinen Defekt handelt und wenn man einen druckangleichenden Defekt findet weiß man, daß der Vorhofseptumdefekt bedeutsam ist.
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Abb. 102 |
Halbschematische Darstellung der Rückzugs-Druckkurve aus Pulmonalarterie in rechten Ventrikel bei großem Vorhofseptumdefekt Druckgradient von etwa 20 mm Hg an der Pulmonalklappe |
Möchte oder muß man die Menge des Shuntblutes bestimmen ist man auf die Oxymetrie (siehe unten) angewiesen.
Ein zusätzlicher Befund bei der Druckmessung eines Vorhofseptumdefektes ist eine geringe Druckdifferenz zwischen rechtem Ventrikel und Lungenschlagader (Abb. 102).
Dieser Druckunterschied mit einem höheren Druck in der Lungenschlagader wird durch die erhöhte Menge des durch den rechten Ventrikel strömenden Blutes aufgrund des Links-rechts-Shunts verursacht. Der Druck in der Lungenschlagader ist aber in diesen Fällen normal hoch.
Anders verhält es sich, wenn der Vorhofseptumdefekt aufgrund der Menge des Shuntblutes zu einer Schädigung der Lungengefäße geführt hat.
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Abb. 103 |
In diesen Fällen beobachtet man eine deutliche Steigerung des Blutdrucks in der Lungenschlagader, wobei dieser Druck im Extremfall fast ebenso hoch wie in der Aorta sein kann (Abb. 103).
In diesen Fällen muß man im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung klären, ob man diese Druckerhöhung in der Lungenschlagader rückgängig machen könnte („reversible“ Druckerhöhung) oder ob sie auch einem Verschluß des Vorhofseptumdefektes bestehen bleiben wird („fixierte“ Druckerhöhung).
Dazu wendet man verschiedene Substanzen an (z.B. Einatmung von reinem Sauerstoff oder Gabe bestimmter Medikamente) und mißt, ob durch diese Substanzen eine (vorübergehende) Verminderung des Drucks in der Lungenschlagader eintritt.
Fehlmündende Lungenvenen sind bei der Druckmessung nicht zu erkennen.
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Abb. 104 |
In Abb. 104 sind die Ergebnisse einer Oxymetrie mit Messung des Sauerstoffgehaltes des Blutes in verschiedenen Gefäßen dargestellt.
Ostium secundum-Defekt: In diesem unkomplizierten Fall sehen Sie, daß das Blut auf dem Weg von den Hohlvenen im rechten Vorhof (RA) Sauerstoff aufnimmt, sodaß seine Sättigung von 13.2 auf 16.9 % zunimmt.
Mit Hilfe eines Rechengangs, den ich im Abschnitt über den Ductus arteriosus erwähnt habe kann man aus den verschiedenen Sauerstoff-Sättigungen die Größe des Blutflusses im Lungen- und im Organkreislauf und damit die Menge des Shuntflusses berechnen (in diesem Fall: 7.1 l/min).
In dem Moment, in dem der Blutdruck in den Lungengefäßen ansteigt, kommt es zu einer Verminderung des Links-Rechts-Shunts und zur Shuntumkehr.
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Abb. 105 |
Diese Shuntumkehr tritt nicht schlagartig und plötzlich auf, sondern sie entwickelt sich langsam über eine gewisse Zeit.
Der 1. Schritt hierbei besteht hierbei darin, daß die Menge des vom linken in den rechten Vorhof übertretenden Shuntbluts abnimmt und dafür im Gegenzug ein Blutübertritt vom rechten in den linken Vorhof auftritt. Dieses Phänomen nennt man „gekreuzten“ Shunt (Abb. 105).
Auch hier ist es rechnerisch möglich, die Herzzeitvolumina im Lungen- (in diesem Beispiel: 6.0 l/min) und im Organkreislauf (6.6 l/min) zu berechnen.
Ein solcher gekreuzter Shunt wie in Abb. 105 führt netto zu einem Rechts-Links-Shunt, d.h. in diesem Fall fließt mehr Blut durch den Organ- als durch den Lungenkreislauf.
Das Auftreten eines gekreuzten oder sogar umgekehrten Shunts ist zusammen mit dem Nachweis einer reversiblen oder fixierten Druckerhöhung im Lungenkreislauf (siehe oben) sehr wichtig, wenn es um die Frage geht, ob der Vorhofseptumdefekt verschlossen werden soll bzw. kann oder nicht.
Es ist mit Hilfe der Oxymetrie nicht möglich, einen Ostium secundum- von einem Ostium primum-Defekt zu unterscheiden. Dies ist bei der Katheteruntersuchung nur durch eine Messung und Aufzeichnung des Drucks im linken Vorhof und eine Angiographie möglich.
Film 5 |
Kontrastmittel-Injektion in eine kräftige Lungenvene Sie erkennen den Abfluß des Kontrastmittels über den Vorhofseptumdefekt vom linken in den rechten Vorhof. |
Durch die Einspritzung von Kontrastmittel in eine Lungenvene oder den linken Vorhof kann man den Übertritt des Kontrastmittels aus dem linken in den rechten Vorhof sehen (Film 5).
Wenn man im Fall eines Ostium primum-Defektes mit undichter Mitralklappe Kontrastmittel in den linken Ventrikel spritzt wird man sehen, daß das Kontrastmittel durch die undichte Klappe vom linken Ventrikel in den linken Vorhof fließt.
Trotz der oft sehr anschaulichen Darstellung ist eine Angiographie beim Vorhofseptumdefekt aber ohne Bedeutung, denn die anderen Untersuchungsmethoden (vor allem die Echokardiographie) stellen den Defekt ebenso gut dar, haben aber ein wesentlich geringeres Untersuchungsrisiko als eine Herzkatheteruntersuchung mit Angiographie.
Die Hauptbeschwerden der Vorhofseptumdefekte ist Luftnot, also ein Symptom, das bei allen möglichen (nicht nur angeborenen) Herzkrankheiten auftritt.
Daher gibt es eine Vielzahl von Erkrankungen, die bei Menschen mit Luftnot (unter Belastung) in Betracht gezogen und durch weitere Untersuchungen (vor allem einer Echokardiographie) abgeklärt werden müssen.
Auch das Herzgeräusch der Vorhofseptumdefekte ist, vor allem für diesbezüglich nicht geübte Ärzte, oft nicht eindeutig, weshalb auch hier weitere Untersuchungen zur Abklärung erforderlich sind.
Und selbst dann, wenn eine Shuntumkehr mit Rechts-Links-Shunt eingetreten ist und die Kinder blau Lippen, Finger und Füße zeigen ist die Diagnose nicht sofort zu stellen, denn auch hier gibt es zahlreiche (meist angeborene) Herzfehler, die ebenfalls mit Blausucht (= Zyanose) verbunden sind.
Die Feststellung eines Vorhofseptumdefektes und seine Abgrenzung zu anderen Herzkrankheiten ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, die seitens der Ärzte große Erfahrung erfordert.
Die überwiegende Mehrheit aller Patienten hat während des gesamten Lebens keinerlei Komplikationen.
Möglich sind dennoch 4 Komplikationen:
Bei Ostium secundum-Defekten ist das Auftreten einer pulmonalen Hypertonie, außer bei sehr großen Defekten und daher sehr großem Links-rechts-Shunt, sehr unwahrscheinlich.
Bei Erwachsenen geschieht häufig im Zusammenhang mit sog. tiefen Beinvenenthrombosen (d.h. Bildung von Blutgerinnseln in den tiefen Venen des Beines).
Notfälle treten in der Regel bei Erwachsenen auf, wenn es
Die Symptome einer solchen Embolie ergeben sich aus demjenigen Organ, in dem sich das Gerinnsel festsetzt. In diesen Fällen muß sofort ein Zentrum aufgesucht werden, das Erfahrung mit der Behandlung angeborener Herzfehler hat, also z.B. ein kinderkardiologisches Zentrum oder bei älteren Kindern oder Erwachsenen eine kardiologische Klinik.
Da es sich um einen angeborenen Herzfehler handelt ist eine Vorbeugung nicht möglich.
Keine.
Der Vorhofseptumdefekt kann durch keine speziellen Verhaltensweisen geheilt werden.
Keine.
Vorhofseptumdefekte verschließen sich, mit Ausnahme einzelner Ostium Secundum-Defekte nicht spontan. Daher ist eine medikamentöse Therapie nur im Falle auftretender Komplikationen (z.B. Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen) möglich und notwendig.
Ein Ostium Secundum-Defekt mit einem Durchmesser von 6 mm oder weniger am Ende des 1. Lebensjahres hat gute Aussichten auf einen spontanen Verschluß.
Kinder mit großem Vorhofseptumdefekt, die die Zeichen der Herzschwäche entwickelt haben, können ebenso wie Kinder mit Herzschwäche infolge anderer Erkrankungen medikamentös behandelt werden. Diese medikamentöse Therapie beinhaltet entwässernde Medikamente (= Diuretika) und Medikamente zur Gefäßerweiterung (z.B. ACE-Hemmer oder AT1-Blocker) eingesetzt werden (Näheres zu den Medikamenten im eBook über die Herzschwäche).
Das Auftreten von Herzrhythmusstörungen, insbesondere von Vorhofflimmern ist in der Kindheit selten, nimmt aber mit zunehmendem Alter zu. Vorhofflimmern führt besonders bei Erwachsenen unter 40 Jahre oftmals zur Herzschwäche. Der Betroffene muß mit gerinnungshemmenden Medikamenten (siehe eBook über Marcumar) behandelt werden, bevor der Septumdefekt verschlossen wird.
Viele Kinder mit Vorhofseptumdefekt neigen zu wiederholten Infektionen der oberen Luftwege, die sie nur schwer tolerieren und die bei ihnen schwerer verlaufen als bei herzgesunden Kindern. Sie müssen daher in üblicher Weise auch mit Antibiotika behandelt werden.
Bei Patienten mit Ostium secundum-Defekt ist keine Endokarditisprophylaxe notwendig. Diese ist aber erforderlich bei allen Vorhofseptumdefekten, die mit Klappenfehlern verbunden sind, insbesondere bei Ostium primum-Defekten mit Erkrankungen der Mitralklappe.
Kinder, bei denen man nach den o.g. Untersuchungen die Notwendigkeit zum Verschluß des Defektes festgestellt hat, sollten in Zentren überweisen werden, die Erfahrung mit der Operation angeborener Herzfehler, der Anwendung der Herz-Lungen-Maschine und speziell mit der operativen Korrektur evtl. auch komplizierter Vorhofseptumdefekt-Formen bei kleinen Kindern haben.
Bei älteren Kindern und Erwachsenen sollte man vor Überlegungen bezüglich eines operativen Verschlusses auf jeden Fall auch ein Kinder- oder Erwachsenen-kardiologisches Zentrum aufsuchen, um die Möglichkeit zu überprüfen, den Verschluß durch nicht-operative Maßnahmen (s.u.) zu verschließen.
Patienten mit Ostium primum-Defekten leiden oftmals an einer bedeutsamen Undichtigkeit der Mitralklappe, die eine vorzeitige Operation erfordert. Diese Patienten sollten in Zentren überwiesen werden, die große Erfahrung mit der Operation solcher komplizierten Herzfehlern und mit den Möglichkeiten evtl. „Reparaturen“ der Mitralklappe haben.
Für alle nachfolgend genannten Verschlüsse eines Vorhofseptumdefektes gilt, daß sie bei einer Shuntumkehr mit Rechts-Links-Shunt infolge eines erhöhten Blutdrucks in den Lungengefäßen nicht mehr durchgeführt werden können. Man würde dem rechten Ventrikel damit das „Überdruckventil“ nehmen, daß der Shunt für ihn darstellt. Dies würde zu einer schnellen, in manchen Fällen sogar sofortigen Überlastung des rechten Ventrikels führen, die dann unweigerlich zum Tod führen würde.
Die definitive Therapie besteht im operativen Verschluß des Vorhofseptumdefektes.
Meistens kann der Defekt durch eine direkte Naht oder durch die Verwendung eines Flickens (= Patch) verschlossen werden.
Nicht alle Kinder mit Vorhofseptumdefekten müssen operiert werden. Eine Operation muß aber immer dann erfolgen, wenn ein großer Links-Rechts-Shunt vorliegt. Ein solcher großer Defekt liegt immer dann vor, wenn durch den Lungenkreislauf 1.5mal soviel Blut wie durch den Organkreislauf fließt (Shuntvolumen = 150%).
Die Messung des Shuntvolumens erfolgt in der Regel durch eine Herzkatheteruntersuchung (siehe oben). Ein solcher großer Shunt kann aber auch angenommen werden, wenn im Echo eine Vergrößerung von rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel festgestellt werden wird.
Prinzipiell ist dann keine Herzkatheteruntersuchung mehr notwendig, sondern es könnte sofort operiert werden.
Idealerweise wird die Operation im Alter von 2 – 4 Jahren durchgeführt.
Wenn sich Zeichen der Herzinsuffizienz feststellen lassen ist oftmals aber auch schon in früheren Lebensjahren eine Operation erforderlich.
Die Risiken einer solchen Operation sind bei Patienten mit „einfachem“ Vorhofseptumdefekt gering. Bei zusätzlichen Defekten nimmt sie geringfügig zu.
Das bewährte Standardverfahren zum Verschluß eines Vorhofseptumdefektes ist die Operation wie oben beschrieben wurde. Eine solche Operation hat aber, wie alle anderen Operationen auch ein gewisses Risiko (ca. 5% Komplikationsrate, ca. 1% Todesfälle).
Um dieses Risiko zu vermeiden haben Ärzte schon immer nach möglichen Alternativen gesucht und Techniken entwickelt, bei denen spezielle kleine Geräte (Drahtgestelle oder Schirmchen, die mit speziellen Materialien beschichtet sind) mit Hilfe von Herzkathetern zum Verschluß der Septumdefekte eingesetzt werden. Diese Techniken haben den Vorteil, ohne Operation, ohne Eröffnung des Brustkorbes, ohne Herz-Lungen-Maschine und ohne künstlichen Herzstillstand auszukommen.
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Abb. 106 |
Verschluß eines Vorhofseptumdefektes durch einen AMPLATZER-Occluder Bild: The Royal´s Children Hospital, Melbourne, Australia |
Das Prinzip der Behandlungstechnik sehen Sie in Abb. 106.
Das übliche Verfahren ähnelt stark einer Herzkatheteruntersuchung.
Es werden dünne Schläuche (= Katheter) in die Vene der Leiste eingeführt, die direkt zum rechten Vorhof führen.
Man führt nun einen speziellen Katheter ein, der an seiner Spitze einen Ballon mit bestimmten Durchmessern trägt.
Mit Hilfe dieser Ballons bestimmt man genau den Durchmesser des Defekts. Das Wissen um die Größe des Loches im Vorhofseptum ist wichtig, denn es hilft bei der Auswahl des Gerätes, mit dem man nun das Loch verschließt.
Es gibt verschiedene Geräte, die man zum Verschluß benutzen kann:
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Abb. 107 |
Das eine Gerät bestehen aus 2 Hälften, die auf beiden Seiten des Septumdefektes plaziert und dann miteinander verbunden werden, das andere Gerät besteht aus nur 1 einzelnen Drahtgeflecht, das sich bei seiner Entfaltung in 2 miteinander verbundene „Scheiben“ aufklappt (Abb. 107).
Beide Scheiben klemmen das Septum wie ein Sandwich in der Mitte ein: Die beiden Brotscheiben des Sandwich sind die beiden Hälften des Gerätes, Wurst und Butter sind das Vorhofseptum.
Beide Hälften des Gerätes werden bzw. sind mit der Entfaltung stabil miteinander verbunden, sodaß sie sich nicht lösen können.
Innerhalb der ersten 6 – 8 Wochen nach der Implantation des Gerätes arbeitet es als Gerüst, das das Gewebe des Herzens veranlaßt, es zu überwuchern. Man sagt, daß es im Laufe dieser Wochen „einwächst“.
Das Gewebe, das das Gerät überwuchert führt dazu, daß das Loch, d.i. der Septumdefekt vollständig verschlossen wird.
Das Überwachsen des Gerätes mit körpereigenem Gewebe ist der Grund dafür, daß man diese Technik auch bei Kindern einsetzen kann:
Das Gerät selber, das ja aus Metall besteht kann nicht mit dem Kind mitwachsen, das Gewebe, das es überwuchert hat tut dies jedoch und daher wird der Defekt auch mit dem normalen Wachstum des Kindes verschlossen bleiben. Es ist nicht ganz klar, welche Zeit der Körper benötigt, um dieses Überwachsen abzuschließen.
Der ganze Eingriff wird bei Erwachsenen in lokaler Betäubung der Leiste und in tiefer Sedierung (= schlaf-ähnlicher Zustand) durch- geführt, denn die exakte Plazierung des Gerätes auf beiden Seiten des Defektes muß man während der gesamten Prozedur mit Hilfe eines transösophagealen Echos überwachen. Dieser Teil der Untersuchung ist der unangenehmste, weshalb man den schlafähnlichen Zustand erzeugt, damit dieser lange im Hals befindliche Schlauch nicht allzu unangenehm ist. Wegen ihres Funktionsprinzips spricht man bei diesem Geräten von „Schirmchen“.
Mit allen diesen Schirmchen wird eine Verschlußrate von 80 – 95% erreicht.
Defekte, die man mit den neuen Techniken verschließen kann sollten in der Regel klein sein (Durchmesser 20 – 25 mm).
Es ist sehr wichtig, daß die Defekte mehr oder weniger in der Mitte des Vorhofseptum liegen, damit rund um den Defekt genügend Septum-Gewebe vorliegt, an dem das Schirmchen verankert werden kann. Diese Frage klärt man mit einer transösophageale Echokardiographie (= Schluck-Echo).
Zudem sind Defekte, die mehr im oberen oder im unteren Teil des Septums liegen (z.B. Ostium primum-Defekt) oft mit anderen Mißbildungen der Herzklappen oder des venösen Abflusses des Herzens verbunden und können daher mit einer Kathetertechnik nicht behandelt werden.
Es gibt keine Altersbegrenzung für den Verschluß eines Vorhofseptumdefektes. Wegen der Größe des Defektes und der Größe der zu benutzenden Gerätschaften behandelt man allerdings nur Neugeborene und Säuglinge mit den neuen Techniken, die schwerer als 8 – 10 kg sind.
Der größte Vorzug dieser neuen Techniken ist, daß er den Defekt ohne Operation verschließt.
Man wird für 1 oder 2 Tage im Krankenhaus aufgenommen und kann nach 1 – 2 Tagen wieder zur Arbeit oder in die Schule gehen.
Die Komplikationsrate beträgt etwa 5 % und besteht in Verletzungen der Blutgefässe der Leiste oder des Beines, besonders dann, wenn große Geräte und damit auch dicke Zugangsschleusen benutzt werden müssen. Im Grunde genommen handelt es sich um dieselben Komplikationen wie bei Herzkatheteruntersuchungen auch.
Selten, besonders bei jungen Patienten, kann es auch zur Bildung von Blutgerinnseln oder zu großen Blutungen in der Leistengegend kommen.
Eine spezielle Komplikation dieser Behandlungsart ist die Entstehung von Blutgerinnseln an den Schirmchen selber. Wenn sich diese Gerinnsel lösen können entweder Embolien in die Lungen (= Lungenembolie) oder Embolien in den großen Kreislauf (= z.B. Gehirnembolie = Schlaganfall, Nierenembolie usw.) auftreten.
Um diese Komplikationen zu verhindern benutzt man Medikamente wie Aspirin, Marcumar und (während der Behandlung) Heparin.
Diese Medikamente hemmen die Blutgerinnung und verhindern dadurch die Entstehung der Gerinnsel.
Aspirin und Marcumar gibt man nach der Implantation des Schirmchens für weitere 6 Monate, bis das Schirmchen von körpereigenem Gewebe überzogen ist und dadurch keine Gerinnsel mehr entstehen können.
Nach dem Einsetzen eines Schirmchens muß man für eine bestimmte Dauer (ca. 12 Monate) eine Endokarditisprophylaxe betreiben.
Alle nachfolgend beschriebenen Untersuchungen sollten von einem Kinderkardiologen, einem Erwachsenenkardiologen (nach Möglichkeit mit der Zusatzbezeichnung „Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern“) oder einem kardiologischen bzw. kinderkardiologischen Zentrum durchgeführt werden.
Zunächst müssen alle Patienten und ihre Angehörigen über die möglichen Komplikationen des Vorhofseptumdefektes und ihre Symptome informiert werden, damit sie bei deren evtl. Eintreten sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen können. Diese Informationen sollten nicht nur vom „normalen“ Kinderarzt, sondern auch vom (Kinder-) Kardiologen und evtl. vom Herzchirurgen vermittelt werden.
Dies betrifft nicht nur Patienten mit kleinem, nicht operationsbedürftigem Defekt, sondern auch Patienten vor und nach einem Verschluß. Hierbei sind die Betroffenen insbesondere über die Möglichkeiten körperlicher Belastungen und über alle möglichen Aspekte einer Schwangerschaft zu informieren.
Auch sollte mit allen Betroffenen über die Berufswahl des Kindes gesprochen werden, die durch den Defekt aber in der Regel nicht betroffen ist.
Kinder mit Vorhofseptumdefekt verspüren in der Regel keine Einschränkungen ihrer körperlichen Belastbarkeit, sie müssen auch nicht zur körperlichen Schonung angehalten werden. Die Teilnahme am Schulsport ist möglich. Dies gilt ohne Einschränkung allerdings nur für den kleinen, nicht verschlußbedürftigen Secundum-Defekt.
Patienten mit bedeutsamer pulmonaler Druckerhöhung müssen sich allerdings körperlich schonen und dürfen nur Sportarten mit relativ geringer körperlicher Belastung (z.B. Kegeln, Golf) ausüben.
Patienten mit bedeutsamen supraventrikulären oder ventrikulären Herzrhythmusstörungen sollten ebenfalls keine körperlich anstrengenden oder Sportarten mit Wettkampfcharakter ausüben.
6 Monate nach dem erfolgreichen operativen oder Katheterverschluß eines unkomplizierten Vorhofseptumdefektes können alle Patienten wieder ohne Einschränkung an normalen sportlichen Tätigkeiten teilnehmen.
Bei Vorhofseptumdefekten anderer Formen (z.B. Ostium primum-Defekt) oder bei Patienten, bei denen der Verschluß operativ oder mittels eines Schirmchens verschlossen wurde, sollte allerdings zuvor eine Leistungsbeurteilung durch einen (Kinder-) Kardiologen erfolgen.
Hormonelle Verhütungsmittel, z.B. die Anti-Baby-Pille, sollten bei nicht korrigierten Vorhofseptumdefekten nach Möglichkeit wegen des erhöhten Risikos von Gerinnselbildungen unter der Hormonbehandlung nicht verwendet werden.
Die mütterliche Sterblichkeit bei Ostium secundum-Defekten während einer Schwangerschaft ist sehr gering, die Zahl der Lebendgeburten hoch. Normalerweise verlaufen Schwangerschaften unkompliziert und erfordern keine speziellen Maßnahmen.
Ausnahmen stellen aber Patienten mit erhöhten Drücken in den Lungengefäßen dar, die für die Mutter ein stark erhöhtes Risiko darstellen und zu gehäuften Fehlgeburten führen.
Nach einem unkomplizierten Verschluß eines Defektes ist das Risiko einer Schwangerschaft weder für Mutter noch für das Kind erhöht, selbst wenn ein kleiner Restdefekt verblieben ist. Die Schwangerschaften verlaufen in aller Regel unkompliziert.
Problematisch können nur Ostium-primum-Defekte sein, die nicht operiert wurden oder nach deren Operation eine bedeutende Undichtigkeit der Mitralklappe verblieben ist.
Die Vorstellung bei einem Kardiologen oder Kinderkardiologen sollte folgendermaßen geregelt werden:
Wenn ein Vorhofseptumdefekt bekannt ist, er aber nach eingehender Untersuchung nicht verschlossen werden mußte sollten regelmäßige Verlaufskontrollen alle 12 Monate erfolgen, um den Zeitpunkt eines Verschlusses optimal zu bestimmen und/oder um die Notwendigkeit zur Einleitung oder Veränderung der medikamentösen Therapie zu überprüfen.
Fast alle Neugeborenen haben einen kleinen Links-Rechts-Shunt durch das (noch offene) Foramen ovale. Dieser kleine Shunt kann durch eine Echokardiographie festgestellt werden.
Wenn kein Herzgeräusch zu hören ist und bei nachfolgenden Routine-Kontrollen keine klinischen Zeichen eines „echten“ Vorhofseptumdefektes feststellbar sind ist eine solche Vorstellung bei (Kinder-) Kardiologen oft nicht erforderlich.
Eine sofortige Vorstellung beim (Kinder-) Kardiologen ist erforderlich, wenn Symptome einer Herzinsuffizienz, Embolie oder von Herzrhythmusstörungen auftreten.
Insbesondere bei embolisch bedingten Ereignissen sollte stets nach einem offenen Foramen ovale gesucht und geprüft werden, ob dieses Ursache des Ereignisses gewesen sein könnte. Dies erfordert oftmals eine transösophageale Echokardiographie mit VALSALVA-Manöver und evtl. Kontrastmittelgabe, um einen provozierbaren Rechts-Links-Shunt auszuschließen (siehe oben).
Auch Menschen, die die Aufnahme von Tauchsport erwägen sollten im Rahmen kardiologischer Voruntersuchungen auf ein offenes Foramen ovale untersucht werden, ob gleich dies durch die Tauchsportgesellschaften nicht vorgeschrieben ist.
Nach den Verschluß eines Defektes, mit welchem Verfahren auch immer, sollte bei einer vollständigen Korrektur des Defektes nur einmalig nach 1 Jahr durch einen Kardiologen bzw. Kinderkardiologen nachuntersucht werden, ansonsten ist dies nur beim Auftreten unklarer Symptome, die möglicherweise als Spätfolge des Defektes oder des Verschlusses anzusehen sind (z.B. Zeichen einer Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen) erforderlich.
Nach der Implantation eines Schirmchens sollten die Patienten im 1. Jahr nach dem Eingriff alle 3 – 6 Monate zur Kontrolle mittels EKG, Echo und evtl. Röntgen zum Kardiologen bzw. Kinderkardiologen gehen. Hier wird danach gesucht, ob es Anzeichen für das „Verrutschen“ des Schirmchens und damit für das erneute Auftreten eines Vorhofseptumdefektes gibt und um zu klären, wie groß der evtl. erneut aufgetretene Shunt ist.
Der Ventrikelseptumdefekt (VSD) gehört zu den häufigsten angeborenen Mißbildungen.
Seine Entstehung fällt in die Sekundärphase der Herzentwicklung. Er kann isoliert oder in Verbindung mit anderen Mißbildungen, wie z.B. dem Vorhofseptumdefekt oder dem offenen Ductus arteriosus vorkommen. In diesem Kapitel soll nur vom isolierten Ventrikelseptumdefekt die Rede sein.
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Abb. 108 |
Der Defekt ist das Ergebnis einer Entwicklungsstörung im Verlauf der Unterteilung des zunächst gemeinsamen in den rechten und linken Ventrikel (Abb. 108):
Im Verlauf der Bildung der Herzschleife hat sich der Herzschlauch um etwa 1800 gebogen.
Dabei ist die sog. „bulboventrikuläre Schleife“ entstanden, aus der sich zusammen mit dem sog. „Bulbus cordis“ die beiden Ventrikel bilden werden.
Diese Schleife läuft in den sog. Truncus arteriosus aus, aus dem sich später im Verlauf die Aorta und die Lungenschlagader entwickeln werden.
Am Eingang der bulboventrikulären Schleife befinden sich (in Abb. 108 nicht dargestellt) der sog. Atrioventrikularkanal und die Endokardkissen, aus denen u.a. die Herzklappen, sowie ein Teil des Vorhof- und Ventrikelseptums entstehen.
Ein Teil der bulboventrikulären Schleife weitet sich zunehmend aus (rote Pfeile in Abb. 108).
Auf- und absteigender Schenkel der Schleife legen sich hufeisenförmig aneinander und bilden zunächst einen gemeinsamen Ventrikel.
In diesem Bereich wird der primitive Ventrikel später den linken und der Bulbus cordis den rechten Ventrikel bilden.
Etwa in der Mitte des primitiven (linken) Ventrikels, dort, wo in Abb. 108 der schwarze Pfeil hinzeigt, entsteht im Innenraum ein Wulst, der beide Ventrikel voneinander abgrenzt.
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Abb. 109 |
Entstehung des Kammerseptums Kümmern Sie sich nicht um Einzelheiten, sondern beachten Sie nur das Septum interventriculare, das rechten und linken Ventrikel trennt |
Durch das Wachstum dieses Wulstes auf dem Ventrikelboden beginnt am 27. Tag die Bildung des muskulären Kammerseptums (= Ventrikelseptum = Septum interventriculare):
Es wächst nach oben in Richtung auf den Conus cordis und den av-Kanal, erreicht diese beiden Strukturen aber nicht, sodaß eine Öffnung, das Foramen interventricularis verbleibt (Abb. 109).
Im Verlauf des Wachstums des Wulstes nach oben verkleinert sich das Foramen interventriculare immer weiter, verschließt sich aber nicht vollständig, sodaß ganz oben am nun entstandenen Kammerseptum eine Öffnung übrig bleibt.
Der Verschluß dieser Öffnung erfolgt nun von oben her durch das Wachstum eines der 4 Endokardkissen.
Dieser obere Teil des Septums wird in der Folge durch einen zu Bindegewebe umgebaut und stark verdünnt.
Das Kammerseptum besteht somit ...
Ende der Leseprobe von Band 2
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Auch bei diesen angeborenen Herzfehlern wird u.a. erklärt, wie sich die jeweilige Herzstruktur embryonal entwickelt hat, welche Auswirkungen der Herzfehler hat, welche Beschwerden er verursacht, mit welchen Methoden er untersucht wird und welche Ergebnisse diese Untersuchungsmethoden haben, welche Krankheiten mit ähnliuchen Beschwerden es gibt, welche Komplikationen und Notfälle auftreten können, wie der Herzfehler behandelt wird und wann man damit den Hausarzt aufsuchen solte.
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